Hauptursache Stickstoff-Dünger Zu hohe Nitratwerte im deutschen Grundwasser
Berlin (dpa) - Wegen anhaltend hoher Nitratwerte im Grundwasser pocht Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) auf ein strengeres Düngerecht. „Wir müssen wirklich noch ernsthaft gegensteuern“, sagte sie bei der Vorstellung des neuen Nitratberichts.
Danach wurde der zulässige Grenzwert zwischen 2012 und 2014 an 28 Prozent der Messstellen in Deutschland überschritten. In den vergangenen Jahren habe sich die Nitratbelastung „nur geringfügig verbessert“, heißt es in dem Papier, über das zuerst der WDR und die „Neue Osnabrücker Zeitung“ berichtet hatten.
Die EU-Kommission hatte Deutschland schon im November wegen zu hoher Nitratwerte vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt. Als Hauptursache gilt ein übermäßiger Einsatz von Gülle und stickstoffhaltigem Dünger auf den Äckern. Wo intensive Landwirtschaft betrieben wird - etwa in bestimmten Regionen von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen - ist die Nitratbelastung am größten.
Hendricks dringt deshalb darauf, dass die vom Kabinett beschlossene Verschärfung der Düngeverordnung möglichst schnell in Kraft tritt. Grundlage dafür wäre eine Änderung des Düngegesetzes. Die Abstimmung über diese Novelle steht derzeit für den 19. Januar auf der Tagesordnung des Bundestags.
Dass die Neuregelung noch nicht verabschiedet wurde, liegt nach Einschätzung des Deutschen Bauernverbands (DBV) aber auch am Umweltministerium. Schon seit Mitte 2016 liege eine verabschiedungsreife Regelung auf dem Tisch, hieß es beim DBV. Jede weitere Verschärfung verzögere den Zeitplan.
Nitrat ist eine chemische Verbindung aus Stickstoff und Sauerstoff. In Gewässern fördert sie das Algenwachstum, was anderen Pflanzen schadet. Für Menschen ist der Stoff selber nicht gefährlich. Nitrat kann aber zu Nitrit werden, das wiederum den Sauerstofftransport im Blut blockiert. Außerdem besteht der Verdacht, dass Nitrit indirekt krebserregend ist.
Beim Trinkwasser werden diese Stoffe deshalb herausgefiltert, was teuer ist und den Wasserpreis nach oben treibt. „Die Bestimmungen im Düngerecht müssen so angepasst werden, dass am Ende nicht die kommunalen Wasserversorger und ihre Kunden die Kosten tragen“, sagte Katherina Reiche vom Verband Kommunaler Unternehmen (VKU).
Kritik an der Bundesregierung kommt auch von Umweltschützern und den Grünen. Bärbel Höhn, Vorsitzende des Bundestags-Umweltausschusses, twitterte, das Problem sei seit Jahren bekannt, und die Regierung müsse „endlich handeln“. Martin Weyand vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) beklagte: „Seit fast zwei Jahren wird die Umsetzung eines wirksamen Düngerechts in Deutschland verschleppt.“ Martin Hofstetter von Greenpeace warf Agrarminister Christian Schmidt (CSU) vor, er mache sich zum „Büttel der Massentierhalter“.
Tatsächlich wird der Agrarlobby immer wieder vorgeworfen, strengere Regelungen beim Düngen zu verhindern. Hendricks sagte dazu lediglich: „Dass die Interessen unterschiedlich sind, ist keine Frage.“ Allerdings müsse sich Deutschland klar werden, „wie wir in Zukunft die Landwirtschaft betreiben wollen“. Der Bauernverband verwies jedoch darauf, dass es bereits Fortschritte gebe. An jeder dritten Messstelle habe die Nitratkonzentration im Grundwasser abgenommen.
Hendricks ließ allerdings durchblicken, dass sie sich durchaus noch strengere Düngeregeln wünschen würde: Die Ministerin hält es nach eigenen Worten für möglich, dass die EU weitere Nachbesserungen fordert. „Da hätte ich dann nichts dagegen.“