Interview mit Roland Koch. „Müssen einen Brand löschen“
Der geschäftsführende hessische Ministerpräsident Roland Koch anderthalb Wochen vor der Landtagswahl über die Konjunkturkrise und die Linkspartei.
Wiesbaden. Herr Koch, Sie werben im Wahlkampf mit dem Thema Wirtschaft. Was ist Ihre Position: Sollten jetzt die Steuern gesenkt werden?
Koch: Wir brauchen in Deutschland langfristig eine Steuerreform. Aber viel wichtiger ist mir im Augenblick die Stützung einiger Wirtschaftsbranchen, die ohne staatliche Mittel in eine Existenzkrise geraten würden.
Das gilt für die Bauindustrie, aber auch für die Automobilindustrie, für die vielen Zulieferbetriebe, die ja eigentlich kerngesund sind und bei denen jetzt dennoch Arbeitsplätze gefährdet sind.
Warum wollen Sie noch warten mit einer Steuersenkung? Die Krise ist doch schon da. Und nur Bürger, die genug Geld haben, können überhaupt Autos kaufen.
Koch: Wenn wir konkrete Hilfen geben, die alte Autos aus dem Verkehr ziehen, dann hat das sehr viel nachhaltigere Wirkungen in diesem Jahr.
Unternehmer und Wirtschaftsvertreter fordern aber schon seit langem, den Bürgern müsse bei ihren Löhnen mehr Netto vom Brutto bleiben.
Koch: Ich habe überhaupt keinen Anlass, dieser Forderung zu widersprechen. Nur im Augenblick sind wir dabei, einen Brand zu löschen. Und wir müssen unterscheiden, was notwendig ist, damit das Feuer ausgeht, und was anschließend notwendig ist, damit der Stadtteil wieder aufgebaut wird.
Weil Sie in der Wirtschaftspolitik punkten, werden Sie auch als künftiger Minister in Berlin gehandelt. Haben Sie Ambitionen?
Koch: Ich hätte so viele Gelegenheiten gehabt, mich für etwas anderes zu entscheiden, als Ministerpräsident in Hessen zu sein. Ich denke, nach inzwischen zehn Jahren wissen die Bürger, dass ich vor jeder Wahl dasselbe sage: Ich bewerbe mich erneut für eine volle Amtszeit als Ministerpräsident.
Würden Sie auch Ihr Wort geben?
Koch: Sie wissen ja, dass die Frage, ob man Ministerpräsident ist, von vielen Faktoren außer dem eigenen Willen abhängt. Aber ich möchte mich für fünf Jahre weiter in und für Hessen engagieren.
Im Wahlkampf lassen Sie kaum eine Gelegenheit aus, vor einer Zusammenarbeit der SPD mit den Linken zu warnen. Aber in Thüringen beispielsweise hat die CDU auf Gemeindeebene auch Bündnisse mit den Linken geschlossen. Wo zieht die CDU die Grenze?
Koch: Ich schließe die Zusammenarbeit prinzipiell aus, ich sehe sie auch nicht in den Kommunen. Ich glaube, dass wir sehr deutlich machen müssen, eine solche Partei brauchen wir nicht im Spektrum. Sie steht nicht auf dem Boden der Verfassung, hat ein gespaltenes Verhältnis zum Rechtsstaat, das unterscheidet sie von den anderen Parteien im Landtag.
Dennoch arbeitet die CDU im Osten Deutschlands mit den Linken zusammen.
Koch: Es mag einige Dörfer in Ostdeutschland geben, in denen das der Fall ist. Das ändert nichts an der grundsätzlichen Betrachtung. Wir als CDU werden der Linkspartei jedenfalls nicht die Hand reichen.
Wir bekämpfen sie auf der linken Seite genauso, wie wir die rechtsradikalen Parteien auf der rechten Seite bekämpfen. Das unterscheidet uns leider von der hessischen SPD, die leider weiter auf ein rot-rot-grünes Bündnis setzt. Und das auch in wirtschaftlichen Krisenzeiten.
Sie haben eingeräumt, dass Sie vor der Landtagswahl im vergangenen Januar Fehler gemacht haben und nannten das Thema Bildungspolitik. Warum haben Sie Ihr Thema "kriminelle ausländische Jugendliche" als Fehler ausgespart?
Koch: Wir haben im letzten Jahr eine Situation gehabt, in der ein Thema, das der CDU wichtig war, zum alles beherrschenden Thema geworden ist.
Sie haben es dazu gemacht.
Koch: Es hat sich eine Emotionalisierung des Wahlkampfs ergeben, die dann eben auch solche irrsinnigen Behauptungen, wie die CDU oder ich wollten Kinder in Gefängnisse stecken, für einen Teil der Bevölkerung als Realität hat annehmen lassen.
Aber das Thema, wie wir die Kriminalität junger Menschen verringern, bleibt auf der Tagesordnung. Mit der Schaffung einer Jugendarrest-anstalt und Häusern des Jugendrechts haben wir hier übrigens im abgelaufenen Jahr sehr konkret gehandelt.
Haben Sie für die letzten Tage in diesem Wahlkampf noch eine Kampagne aus der Abteilung Attacke im Köcher?
Koch: Ich glaube, dass die Bürger in den letzten neun Monaten so viel an Landespolitik haben geboten bekommen, dass die 70 Prozent, die im November gesagt haben, dass sie Neuwahlen wollen, ziemlich genau wissen, was sie nach dem Wortbruch und angesichts der schweren Wirtschaftskrise tun und was sie entscheiden wollen.