Interview mit Svenja Schulze: „Es gibt genug Studienplätze.“

Svenja Schulze, in NRW Ministerin für Hochschulen, warnt vor Panik wegen des doppelten Abiturjahrgangs.

Frau Schulze, im Herbst werden die Absolventen des doppelten Abiturjahrgangs an die Universitäten und Hochschulen drängen. Bekommen alle einen Studienplatz?

Svenja Schulze: Wir sind sehr weit in den Vorbereitungen, die Hochschulen sind fit. Wir erwarten 20 Prozent mehr Studierende als sonst zu Beginn des Wintersemesters — nicht doppelt so viele, denn der Zuwachs kommt ja nur aus den Gymnasien. Gesamtschulen und Berufskollegs haben ja wie bisher das Abitur nach neun Jahren. Es gibt ausreichend Studienplätze für die, die studieren wollen.

Auch im gewünschten Studiengang?

Schulze: Wunsch-Studiengang am Wunschort, das kann niemand garantieren. Wir haben mittlerweile 1800 Studiengänge in Nordrhein-Westfalen. Die Bewerber müssen auch flexibel sein.

Mehr als jeder zweite Studiengang ist mit einer Zugangsbeschränkung, also einem Numerus Clausus, belegt. Schreckt das nicht viele ab?

Schulze: Wenn man hört, da gibt es einen Numerus Clausus, schreckt das erst einmal ab. Bewerber sollten sich klar machen, dass der Abi-Schnitt alleine nicht immer ausschlaggebend ist. So ist es möglich, im Nachrückerverfahren mit einem Abi-Schnitt von 3,5 einen Studienplatz in einem Fach mit einem anfänglichen Numerus Clausus von 2,0 zu bekommen.

Sie raten also den Abiturienten, sich breit zu bewerben?

Schulze: Auf jeden Fall. Jeder Studieninteressierte sollte sich in den kommenden Wochen intensiv informieren und flexibel sein.

In einigen Städten wird der Wohnraum knapp. Was unternimmt das Land dagegen?

Schulze: Wir haben ein Programm in Höhe von 50 Millionen Euro aufgelegt. Aber alle Probleme sind mit Geld allein nicht zu lösen. In begehrten Städten wie Köln, Aachen, Düsseldorf und Münster ist auch Phantasie gefragt.

Wie viel Geld hat das Land in die Hand genommen, um die Probleme zu beheben?

Schulze: Bis 2020 gibt es zusätzlich zehn Milliarden Euro nur für den doppelten Abitur-Jahrgang. Darin sind Hochschulpaktmittel von zwei Milliarden enthalten, je zur Hälfte von Land und Bund.

Reicht das?

Schulze: Die bisherigen Hochschulpakt-Zahlungen aus Berlin beruhen auf Prognosen der Studierendenzahl, die sich als zu gering herausgestellt haben. Der Bund muss dringend auf der Basis der tatsächlichen Zahlen nachbessern. Es geht um einen satten dreistelligen Millionenbetrag allein für NRW.

Wenn in NRW alles so gut läuft, warum besorgen sich immer mehr junge Leute einen Studienplatz in den Niederlanden?

Schulze: Ob es einen solchen Trend gibt, ist für uns nicht erkennbar. Nach unseren Schätzungen könnten es rund 10 000 Studierende aus dem grenznahen Bereich sein, die in den Niederlanden studieren. Wir begrüßen das, die Grenzen sind offen. So studieren bei uns auch 600 Niederländer und immer mehr Briten wegen der enormen Studienkosten dort. Übrigens kommt eine stattliche Zahl auch aus unserem Nachbarbundesland Niedersachsen.

Aber in Holland sind die Studenten bereit, Gebühren zu bezahlen, weil sie ein gutes Studium erwarten. Sie hingegen haben die Gebühren abgeschafft.

Schulze: Ich habe die Studiengebühren abgeschafft, weil ich nicht will, dass der Geldbeutel darüber entscheidet, wer studieren darf.