Kabinett billigt Gesetz für Euro-Rettungsschirm ESM
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung stellt die Weichen für weitere Milliardenhilfen an angeschlagene Euro-Länder. Das Kabinett billigte in Berlin den Gesetzentwurf für den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM sowie die Finanzierung des neuen Hilfsfonds.
Der ESM soll im Juli starten und den Hilfsfonds EFSF ablösen. Erforderlich ist bis Mitte Juni noch die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) soll nach bisherigen Plänen Notkredite von maximal 500 Milliarden Euro vergeben können. Bis Ende März wollen die Euro-Länder aber über eine mögliche Aufstockung entscheiden. Offiziell lehnt die Bundesregierung dies bisher ab. Der internationale Druck auf Berlin wächst aber.
Die SPD kritisierte, dass die entscheidende Frage einer Aufstockung der Hilfen offen sei. Es sei davon auszugehen, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einem größeren Volumen zustimmen werde. Im Gespräch ist, den EFSF-Fonds parallel weiter laufen zu lassen und so das Hilfsvolumen auf bis zu 750 Milliarden Euro zu erhöhen.
Deutschland finanziert den ESM mit Bareinlagen von 21,7 Milliarden Euro. Schon dieses Jahr sollen davon 8,78 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Dafür muss Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zusätzliche Schulden machen. Der Nachtragsetat dazu soll bereits in der kommenden Woche beschlossen werden - zusammen mit den Eckwerten für den Bundeshaushalt 2013. Zudem übernimmt Deutschland Garantien von 168,3 Milliarden Euro. Das maximale Risiko für die Steuerzahler beträgt also rund 190 Milliarden Euro.
Der Gesetzentwurf enthält laut der Kabinettsvorlage bewusst noch keine Formulierung zu den parlamentarischen Beteiligungsrechten. Es sei dem Bundestag überlassen, in einem parallel einzubringenden Gesetzentwurf die Beteiligungsrechte selbst zu formulieren. Dabei könne das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Sondergremium des Bundestages zur Kontrolle des EFSF berücksichtigt werden.
Das geheim tagende, neunköpfige Gremium für eilbedürftige Euro-Entscheidungen verstößt aus Sicht der Karlsruher Richter gegen Beteiligungsrechte der Abgeordneten. Nur in Ausnahmefällen mit besonderer Vertraulichkeit wie dem Ankauf bestimmter Staatsanleihe sei eine Entscheidung durch das Gremium gerechtfertigt.
Für die Umsetzung des ESM-Vertrages in deutsches Recht reicht der Koalition in Bundestag und Bundesrat eine einfache Mehrheit. Das ESM-Finanzierungsgesetz wiederum ist nach Angaben der Koalition ein Einspruchsgesetz. Eine Zustimmung der Länderkammer ist nicht erforderlich, der Bundesrat kann das Gesetz allenfalls verzögern. Im Bundesrat hat Schwarz-Gelb keine Mehrheit.
Für den Fiskalpakt, den das Kabinett vor einer Woche gebilligt hatte, ist dagegen jeweils eine Zweidrittelmehrheit in Parlament und Bundesrat nötig. Das Kabinett beschloss zugleich einen Gesetzentuwrf, um ab 2013 eine Umschuldungsklausel in Staatsanleihen zu verankern.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, kritisierte, die entscheidende Frage einer ESM-Aufstockung habe das Kabinett vertagt. Er geht von einer Anhebung der Hilfen an: „Das ist ein weiterer Anwendungsfall des Merkelschen Gesetzes: Je vehementer Angela Merkel etwas ausschließt, desto sicherer ist, dass es dann später doch eintritt.“ Er warf der Kanzlerin vor, unehrlich zu sein und den Menschen nicht zu erklären, wie hoch die Kosten für die Rettung wirklich sind.
Die Vorsitzende der Linken, Gesine Lötzsch, kritisierte. „ESM steht für Europäischer Spekulanten-Mechanismus.“ Es sei der größte Rettungsschirm, „der jemals von Regierungen über ein Casino aufgespannt wurde“. Die Regeln dieses Casinos würden nicht geändert.