Kaukasus-Krise: EU steht vor der Feuerprobe

In der Krise muss die Union zeigen, was sie außenpolitisch leisten kann.

Avignon. Erst die erneute Vermittlungsmission in Moskau und Tiflis, dann das Gipfeltreffen mit der Ukraine: Die EU geht in eine außenpolitische Feuerprobe. Auf dem Spiel stehen die "Einheit der Union" und der erklärte Anspruch der 27 Staaten, "in Augenhöhe mit den USA" in der Weltpolitik mitzureden.

Am Samstag hatten die EU-Außenminister trotz großer Unterschiede in der Einschätzung Russlands ihre Einheit gerade noch einmal retten können. "Wir hatten eine energische, rüde Debatte", sagte Gastgeber Bernard Kouchner freimütig nach der Konferenz in Avignon. Jetzt hängt alles davon ab, was Ratspräsident Nicolas Sarkozy in Moskau erreicht.

Ziel der Reise sei der Rückzug der russischen Truppen aus Georgiens Kernland, verkündet EU-Chefdiplomat Javier Solana. Außerdem soll Präsident Dmitri Medwedew einem konkreten Verfahren zur Entsendung internationaler Beobachter zustimmen. "Wenn sie zustimmen, können wir weitergehen." Andernfalls steht die Frage der Sanktionen gegen Russland wieder auf der Tagesordnung. Und die droht die Union tief zu spalten.

Sarkozy geht mit seinem Engagement im Kaukasus ein hohes Risiko ein. Er sieht hier die Chance, die EU als Akteur der Weltpolitik zu stärken. Geht es nach Sarkozy, könnten bald im Kaukasus Europäer die Einhaltung des Friedens (mit) überwachen. Jetzt müssen die Europäer ihrem neuen Anspruch im Kaukasus gerecht werden - und in der Ukraine. Denn das hängt zusammen. Morgen wird die EU der Ukraine auf einem Gipfeltreffen eine Partnerschaft anbieten.

Das ist für die Russen ein heikles Thema, und der Ausgang dieses Gipfels könnte Moskaus Verhalten im Kaukasus mitbestimmen. Die EU-Staaten sind aber darüber zerstritten, was man konkret der Ukraine anbieten soll. Polen und Balten würden Kiew gerne schnell eine Mitgliedschaft in Aussicht stellen. Niederländer und Deutsche halten es dagegen "für dringlich, abzuwarten" und das heiße Eisen höchst vorsichtig anzupacken.

"Europa steht am Scheideweg und hat sich noch nicht für eine Richtung entschieden", sagte ein Diplomat. Frankreich und Deutschland wollen die Partnerschaft mit Russland in Konflikten wie dem Atomstreit mit dem Iran retten. Man müsse das "große Land" auf dem Weg zur demokratischen Zivilgesellschaft unterstützen und dürfe es nicht fahrlässig in Bündnisse mit Peking oder gar Teheran treiben.