Studie schlägt Hartz-IV-Regelsatz von 132 Euro vor
Die Berechnung eines Chemnitzer Professors sorgt für Empörung bei Sozialverbänden und Gewerkschaft.
Berlin. Eine Studie über die Höhe der Hartz-IV-Regelsätze sorgt für heftige Diskussionen. Der Chemnitzer Professor Friedrich Thießen hat ermittelt, für einen gesunden Hartz-IV-Bezieher reichten 132 Euro im Monat. Maximal gerechtfertigt seien 278 Euro. Der Regelsatz liegt derzeit bei 351 Euro. Zahlreiche Experten halten ihn für zu niedrig.
Thießen hat nach eigenen Angaben die Preise in Billigmärkten und Restpostenmärkten in Chemnitz zur Grundlage seiner Berechnungen gemacht. Bei seinem 132-Euro-Vorschlag waren Tabak und Alkohol tabu, für Freizeit, Unterhaltung und Kultur setzte er lediglich einen Euro pro Monat an.
Sein Vorschlag stieß auf heftigste Kritik bei den Wohlfahrtsverbänden. "Das erinnert an die Armenvorsorge um 1900", sagte Rudolf Martens vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Ein Kind bekomme nach der Thießen-Studie lediglich 79 Euro im Monat. "Das ist in etwa der monatliche Bedarf eines Hundes im Tierheim", sagte Martens.
Auch der DGB und weitere Wohlfahrtsverbände lehnten den Vorschlag als Sozialdumping und völlig verfehlt ab. Schelte gab es auch aus der Bundesregierung. "Eine solche reine ökonomische Betrachtung hat nicht viel mit dem wirklichen Leben zu tun", sagte ein Sprecher von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD).
Angesichts der harschen Kritik ruderte Thießen gestern ein wenig zurück. "Wir haben keinerlei Schlussfolgerungen gezogen", sagte er.
Etwa 8,3 Millionen Menschen erhielten laut Statistischem Bundesamt zum Stand Ende 2006 existenzsichernde Hilfe. Insgesamt gab der Staat für die Mindessicherung 45,6 Milliarden Euro aus. Zu den 7,3 Millionen Empfängern zählten vor allem Hartz-IV-Bezieher.