Keine längere Gebühren-Befreiung Baldige vollständige Kita-Öffnung in NRW unrealistisch

Düsseldorf · Hoffnungen auf eine baldige Öffnung der Kitas in NRW für alle hat Familienminister Joachim Stamp gedämpft. Eine längere Befreiung von den Gebühren wie in Bayern wird es aber trotzdem nicht geben.

Joachim Stamp

Foto: dpa/Federico Gambarini

Nordrhein-Westfalens Familienminister Joachim Stamp (FDP) hat Hoffnungen auf eine baldige Wiedereröffnung der Kitas für alle Kinder gedämpft. Eine weitere schrittweise Öffnung über die Notbetreuung hinaus dürfe „nur mit Augenmaß und verantwortungsvoll“ erfolgen, sagte Stamp am Donnerstag im Familienausschuss des Landtags. Es dürfe bei den Eltern nicht der Eindruck entstehen, dass die Kitas „in zwei bis drei Wochen wieder in Vollauslastung“ gingen. „Das wird natürlich nicht passieren“, betonte er. Es müsse weiterhin viel improvisiert werden.

Kommenden Montag werde allerdings die Notbetreuung auch auf Kinder von alleinerziehenden Berufstätigen ausgedehnt. NRW wolle bei der Öffnung einen „offensiven Weg gehen, sofern das irgendwie verantwortbar ist“, und „Schritt für Schritt immer mehr Kinder wieder in die frühkindliche Bildung bringen“, sagte Stamp. Das sei aber auch eine Frage des Personals. Erzieher über 60 Jahre sollten nicht in den Kitas eingesetzt werden, da sie zur Corona-Risikogruppe gehörten. Es gebe für ältere Betreuer aber auch kein Arbeitsverbot. Sie könnten selbst entscheiden, ob sie in die Kitas kommen wollten. Dennoch würden wegen der Schutzmaßnahmen „unglaublich viele und erfahrene Kräfte“ fehlen. Das stelle die Kitas vor „enorme Herausforderungen“.

Trotz der unklaren Perspektiven lehnte Stamp, der auch stellvertretender Ministerpräsident ist, eine frühe Zusage weiterer beitragsfreier Kita-Monate wie in Bayern entschieden ab. „Ich werde nicht den Weg von Ministerpräsident Söder gehen.“ Eltern in Bayern brauchen für die kommenden drei Monate keine Kita-Gebühren zu bezahlen, wenn die Einrichtungen wegen der Corona-Krise geschlossen sind. Stamp hält eine solche Festlegung für das „falsche Signal“. „Ich bin nicht bereit, jetzt schon die weiße Fahne zu hissen“, sagte er.

Stamp deutete aber an, dass es im Fall länger andauernder Notbetreuung und Kita-Betretungsverbote auch in NRW Gespräche über die Elternbeiträge geben werde. „Wir müssen alle Möglichkeiten prüfen.“ In NRW sind bisher im April die Elternbeiträge für Kitas, Tagespflege und Offenen Ganztag an Schulen ausgesetzt.

Die SPD-Fraktion forderte dagegen die vollständige Aussetzung der Kita-Beiträge bis zum Ende des Betretungsverbots. „Die Kosten dafür muss das Land übernehmen“, sagte der familienpolitische Fraktionssprecher Dennis Maelzer. Die Corona-Krise verlange Familien derzeit sehr viel ab. Darum sei es wichtig, Eltern zumindest finanzielle Planungssicherheit zu gewähren. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass Minister Stamp hier in Trippelschritten vorgehen will und die Frage der Beitragsbefreiung Monat für Monat neu diskutieren möchte.“

Eine Maskenpflicht für Kinder in Kindertageseinrichtungen lehnte Stamp kategorisch ab. Das Corona-Infektionsrisiko drohe beim Tragen von Masken bei den Kleinsten sogar erhöht zu werden. Denn Kinder tauschten die Masken auch gern einmal untereinander aus.

Ob die Betreuer und anderes Personal in den Kitas eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen sollten, liege in der Verantwortung der Träger, sagte Stamp. Es stehe aber außer Frage, dass das in der Corona-Krise auferlegte Distanzgebot in der Kindertagesbetreuung nicht eingehalten werden könne. Daher müssten vor allem Hygienemaßnahmen konsequent eingehalten werden. In NRW gilt ab kommendem Montag eine Maskenpflicht beim Einkaufen sowie in Bus und Bahn.

Trotz der Kontaktbeschränkungen machen Jugendämter bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung weiter Hausbesuche. In akuten Krisensituationen würden gefährdete Kinder auch weiterhin in Obhut genommen, heißt es in einem Bericht Stamps zum Kinderschutz in der Corona-Krise. „Wir dürfen weder taub noch blind sein“, sagte Stamp dazu im Landtagsausschuss. Erkenntnisse über einen Anstieg der häuslichen Gewalt und eine Zunahme der Kindeswohlgefährdungen in der Corona-Krise lägen der Landesregierung bislang allerdings nicht vor.

Kinder, denen wegen der Kontaktsperren zu Hause Gewalt droht, dürfen bereits in Kitas oder Schulen notbetreut werden. Auch Mädchenberatungsstellen und Mädchenhäuser versuchten den Kontakt mit Betroffenen über digitale Formate aufrechtzuerhalten. Die Online-Beratungen seien ausgeweitet worden. Wichtig sei aber auch eine wachsame Nachbarschaft, die Hilfe in der Not anbiete.