Makabere Hilfestellung: Todesanzeigen für Lehrer
Die Notfallmappe des Landes enthält auch Vorschläge für Kondolenzbriefe. Die Opposition ist entsetzt.
Düsseldorf. Wie reagieren wir, wenn es an unserer Schule zum Schlimmsten kommt - also ein Schüler durchdreht, Amok läuft und Menschen verletzt oder gar tötet? Diese Frage stellen sich ein Jahr nach der Bluttat von Emsdetten auch in NRW viele Lehrer und Schulleiter. Das Land stellt ihnen nun einen Notfallordner zur Verfügung. In ihm finden sie auch Entwürfe für Todesanzeigen für Lehrer und Kondolenzbriefe an Eltern. Die Opposition im Landtag nennt das instinktlos. "Das ist unglaublich pietätlos. Wie kann man so etwas machen? Erst warten die Lehrer ein Jahr auf eine Hilfestellung vom Land, und dann kommt so etwas", sagte die Grünen-Politikerin Sigrid Beer unserer Zeitung. "Damit hat das Schulministerium die Grenze zur Geschmacklosigkeit entschieden überschritten. Wir fordern die Ministerin auf, erstens die entsprechenden Seiten zu entfernen und zweitens dem Schulausschuss des Landtages den Notfallordner unverzüglich zur Einsicht und Bewertung zur Verfügung zu stellen," forderte die SPD-Politikerin und ehemalige Schulministerin Ute Schäfer gegenüber unserer Zeitung. Die derzeitige Schulministerin Barbara Sommer (CDU) hatte den Notfallordner erst in der vergangenen Woche - ein Jahr nach den Geschehnissen von Emsdetten - vorgestellt. Ihr Sprecher verteidigte gestern erneut das Angebot. "Das sind keine Vorschriften, sondern nur Hilfestellungen. Wir kommen dabei Bedürfnissen der Schule nach und machen dasselbe, was das Bundesland Berlin mit seinem Ordner macht," sagte Sprecher Andrej Priboschek.
"Selbst wenn es gut gemeint war, ist es völlig daneben gegriffen", sagte hingegen Gerhard Seiler, Religionslehrer aus Emsdetten. An der dortigen Realschule hatte es vor einem Jahr einen Amoklauf mit einem Toten und 37 Verletzten gegeben.