Kampagne für Nordrhein-Westfalen: Die ganze Welt auf einem Fleck

Die schwarz-gelbe Regierung will im Ausland für das Land werben. Die Pläne stoßen aber auf deutliche Kritik.

Düsseldorf. "Wir können alles außer Hochdeutsch" oder "Laptop und Lederhose" - Baden-Württemberg hat sie schon, Bayern auch: Eine Standortkampagne für das Land samt knackigem Werbe-Slogan. Ähnliche Pläne des Landeswirtschaftsministeriums für NRW stehen allerdings zunehmend in der Kritik. Nach der Opposition zeigte sich auch der kleine Koalitionspartner FDP irritiert.

FDP-Fraktionschef Gerhard Papke sagte unserer Zeitung, der Landtag sei nicht ausreichend über die Pläne informiert worden. Auch sei der Eindruck entstanden, dass die für drei Jahre geplanten zehn Millionen Euro allein zur Finanzierung des Slogans genutzt würden. Das Wirtschaftsministerium forderte er auf, ein Konzept auf den Tisch zu legen. Es müsse auch im Interesse der Behörde sein, "für Transparenz zu sorgen".

Grundsätzlicher fiel die Kritik der Opposition aus: Die SPD warf der Landesregierung vor, sie versuche, sich ein positives Image zu kaufen. Die Menschen bräuchten "gute Politik" statt Imagekampagnen. Der Sprecher des Wirtschaftsministerium, Joachim Neuser, wies die Kritik zurück. Das Ziel der Initiative sei, Investoren nach NRW zu holen und auf diese Weise die Voraussetzung für neue Arbeitsplätze zu schaffen. Daher sei eine internationale Kampagne mit englischem Slogan geplant. Es handle sich auch nicht um eine Imagekampagne für die Regierung: "Da, wo wir werben, darf uns gar keiner wählen."

Unterstützung erhielt das Ministerium von Werbeexperten. Frank Dopheide, Chef der Düsseldorfer Werbeagentur Grey, sagte, es wäre "grob fahrlässig", auf eine solche Kampagne zu verzichten. Im globalen Kampf um Investoren müsse das Land "eine Faszination" aufbauen. Bislang sei das Bild "diffus".

Die Düsseldorfer Werbeagentur McCann entwarf exklusiv für unsere Zeitung bereits einen Slogan: "Nordrhein-Westfalen: Die ganze Welt auf einem Fleck."

Werbespruch Auch einige NRW-Städte werben mit einem Slogan für sich. Hier Beispiele:

Mettmann - Neanderthal-Stadt.

Kempen - Die Perle vom Niederrhein

Nettetal - Die Seenstadt

Krefeld - eine Stadt wie Samt und Seide

Wuppertal - Keiner wie wir

Deutsche, die ins Ausland fahren, machen oftmals eine ungewöhnliche Erfahrung: Insbesondere in Übersee, allen voran in den USA, wird man sie für Bayern halten - egal ob sie nun aus München, Gelsenkirchen, Buxtehude oder Hannover stammen. Schweinshaxe, Sauerkraut, Weißbier: Man glaubt es kaum, in wie wenig Begriffen die deutsche Kultur zusammengefasst werden kann. Darüber darf man schmunzeln, sich wundern, sich ärgern, aber dramatisch ist das wirklich nicht. Und sind wir doch ehrlich: Den wirklichen Amerikaner erkennen wir an Cowboy-Stiefeln und Stetson-Hut.

Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten kann es uns aber nicht egal sein, dass Nordrhein-Westfalen im Ausland keine Marke ist. Es geht darum, in einem knallharten globalen Wettbewerb Investitionen, Arbeitsplätze und hochqualifizierte Mitarbeiter ins Land zu holen - um auf diese Weise Wohlstand bei uns an Rhein und Ruhr zu sichern. Und dabei konkurrieren wir nicht nur mit München und Hamburg, sondern eben auch mit London und Bombay. Kleine Länder wie Dänemark haben schon lange erkannt, dass niemand von selbst auf sie aufmerksam wird. Im großen Deutschland reift diese Erkenntnis erst langsam heran.

Investoren, Unternehmen, Mitarbeitern muss es schmackhaft gemacht werden, nach Nordrhein-Westfalen zu kommen, weil sie die Auswahl haben. Oder, wie es der Volksmund sagt: Klappern gehört zum Handwerk. Dabei gewinnen sogenannte weiche Standortfaktoren wie Lebensqualität, Sicherheit und Kulturangebot immer mehr an Bedeutung. Seien wir auch einmal ein bisschen stolz: Wir in NRW haben viel zu bieten, warum sollten wir dies nicht auch den anderen sagen?

Eine Standortkampagne kann daher sinnvoll sein, wenn Spielregeln eingehalten werden: Da sie aus Steuermitteln finanziert wird, müssen die Auftragsvergabe und die Finanzierung transparent sein. Und sie darf nicht als Imagekampagne für die Politik missbraucht werden.

Zugleich hat die Opposition Recht, dass Schwarz-Gelb gute Politik machen muss. Dies und die Standortkampagne schließen sich aber nicht aus. Im Gegenteil: Wenn Nordrhein-Westfalen nicht attraktiv ist, hilft auch der beste Slogan nichts.