NRW-Flüchtlingsminister Stamp fordert Gerichte in Ankerzentren

Der NRW-Flüchtlingsminister will umgehend einen Migrationsgipfel — und kein Wahlkampf-Getöse der CSU.

NRW-Integrationsminister Joachim Stamp fordert eine Migrationsgipfel.

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Düsseldorf. Der nordrhein-westfälische Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) hat gegenüber dieser Zeitung für die von Innenminister Horst Seehofer (CSU) für Herbst dieses Jahres geplanten Ankerzentren für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive eine systemimmanente Bürokratie gefordert. Dort sollten „nicht nur das Bamf, sondern auch ein Verwaltungsgericht“ vertreten sein, sagte Stamp. „Hilfreich wäre zudem, wenn auch Verfahrens- und Rückkehrberatung direkt vor Ort sind.“

Weil aber präzise Angaben zu den Plänen von Seehofer fehlten, fordert Stamp „umgehend einen Migrationsgipfel, bei dem geklärt werden muss, wie Verfahren verkürzt und Rückführungen beschleunigt werden, aber auch wie gut Integrierte ein sicheres Bleiberecht bekommen“. Auch dazu könnten Ankerzentren beitragen, so Stamp, „falls sie richtig gestaltet werden und nicht bloß ein Wahlkampfgag der CSU sind.“

Zuvor hatte der CSU-Spitzenpolitiker Alexander Dobrindt mit Äußerungen über eine „aggressive Anti-Abschiebe-Industrie“ die Diskussion um Asylverfahren angeheizt. Die Zusammenarbeit in der Koalition werde nicht einfacher, wenn die CSU wegen der Landtagswahl Mitte Oktober von einer „permanenten Profilneurose“ befallen sei, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Carsten Schneider, im SWR.

Dobrindt hatte der „Bild am Sonntag“ mit Blick auf Anwälte und Hilfsorganisationen gesagt, wer mit Klagen versuche, die Abschiebung von Kriminellen zu verhindern, arbeite nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden.

„Notwendig ist entschiedenes, besonnenes Handeln in der Sache, statt der üblichen Lautsprecher-Kommentare von Herrn Dobrindt im bayerischen Landtagswahlkampf“, sagte Stamp dazu. SPD-Chefin Andrea Nahles sah in Dobrindts Äußerungen aber keine Probleme für die Arbeit der großen Koalition. Sie verwies auf „klare Verabredungen im Koalitionsvertrag auch dazu“, wie sie vor Beginn der Fraktionsklausur von CDU, CSU und der SPD am Montag auf der Zugspitze sagte.

CSU-Chef Horst Seehofer sagte, man müsse „schon auf die Tatsache hinweisen, dass die Asylbescheide in ungewöhnlich hoher Zahl“ beklagt würden. „Fast jeder zweite Asylbescheid landet vor Gericht. Das kostet Zeit, bindet Ressourcen, oft in absolut vergleichbaren Sachverhalten.“

Bei der Planung der sogenannten Ankerzentren für Flüchtlinge sei man „mit großem Tempo unterwegs“. Er werde „exakt das realisieren“, was im Koalitionsvertrag steht. Der Begriff „Anker“ steht dabei für „Ankunft, Entscheidung sowie Verteilung beziehungsweise Rückführung“.

Bislang haben erst wenige Bundesländer Interesse signalisiert, am Pilotprojekt teilzunehmen. Zu einer eventuellen Bereitschaft von NRW schwieg sich Stamp am Montag auf Anfrage unserer Zeitung aus.