Schutzweste und Maschinenpistole: Bessere Ausrüstung für Polizisten

Seit Jahren warnen deutsche Sicherheitsbehörden vor islamistischen Anschlägen in Deutschland. Bis 2016 blieb die Bundesrepublik weitgehend verschont. Um auf die real gewordene Terrorgefahr zu reagieren, fließen Millionen in die Aufrüstung der Polizei.

Foto: David Young (DY)

Düsseldorf/Berlin. Es war ein Ausnahmejahr für deutsche Sicherheitsbehörden. Los ging es mit der Messerattacke einer Schülerin auf einen Polizisten im Hauptbahnhof von Hannover. Seinen traurigen Höhepunkt fand es in dem Lastwagen-Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt mit 12 Toten und mehr als 50 Verletzten. Der Terror, vor dem die Sicherheitsapparate schon seit Jahren gewarnt hatten, ist plötzlich auch in Deutschland real geworden.

Auf die veränderte Sicherheitslage reagieren die Innenminister mit einer Rüstungsoffensive. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) begann schon nach den Anschlägen von Paris, eine neue Spezialeinheit der Bundespolizei aufzubauen: Bis Ende Juli 2017 soll die neue „Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit plus“ (BFE) an fünf Standorten auf 250 Mann wachsen. Im Gegensatz zu bisherigen Elite-Einheiten, die vor allem Zugriffskommandos sind, soll die BFE auch für tagelange, groß angelegte Fahndungsaktionen geschult sein, wie sie nach den Attentaten von Paris, Brüssel und auch im Fall des Attentäters von Berlin nötig wurden.

In den Ländern setzen die Innenminister vor allem auf bessere Schutzausrüstung, neue Waffen, Schulungen und Spezialtrainings. „Für mich ist klar, dass die Frauen und Männer, die für unsere Sicherheit ihre Köpfe hinhalten, die beste Ausrüstung und die beste Ausbildung bekommen“, sagt der Innenminister des bevölkerungsreichsten Bundeslandes, Nordrhein-Westfalen, Ralf Jäger (SPD). Seine Amtskollegen zwischen Alpen und Nordsee sehen es ähnlich.

In NRW soll im kommenden Jahr jeder Streifenwagen mit einer zweiten Maschinenpistole MP 5 mit moderner Zieleinrichtung ausgerüstet werden, teilte das NRW-Innenministerium auf dpa-Anfrage mit. Dafür seien rund 13,5 Millionen Euro vorgesehen. Auch im Wach- und Wechseldienst müssen die Polizisten auf terroristische Gewalt vorbereitet sein, begründet das Innenministerium die zusätzliche Ausrüstung. Sie seien die Ersten, die nach einem möglichen Anschlag einschreiten müssten. Es sei keine Option für sie, auf Spezialeinheiten zu warten.

In diesem Jahr hat die NRW-Polizei bereits neue Schutzwesten für insgesamt elf Millionen Euro erhalten. Die robusten, pro Stück rund 1000 Euro teuren High-Tech-Westen gegen Schüsse aus einer Schnellfeuerwaffe schützen. Sie sind nach Angaben des Innenministeriums mit 7,5 Kilogramm sehr leicht und bieten maximale Bewegungsfreiheit. Ihre Anschaffung war kurz nach den Terroranschlägen von Paris im November 2015 beschlossen worden.

In Bayern gehörten Maschinenpistolen schon länger zur Ausstattung von Streifenwagen, erklärt ein Ministeriumssprecher. 2016 seien unter anderem rund 30 Millionen Euro in schusssichere Schutzausrüstung geflossen. Berlin hat in diesem Jahr rund 4,6 Millionen Euro in Spezialausstattung zur Terrorabwehr gesteckt und unter anderem zwei gepanzerte Fahrzeuge angeschafft.

In Hamburg präsentierte die Innenbehörde zum Treffen des OSZE-Ministerrats im Dezember Neuanschaffungen im Wert von 4,5 Millionen Euro: einen Radpanzer, Sturmgewehre, schwere Schutzhelme und Spezialwesten. Im benachbarten Schleswig-Holstein verweist das Innenministerium auf rund 7,5 Millionen Euro zusätzliche Mittel, die in diesem und im kommenden Jahr für Schutzausstattung, Munition und bessere Bewaffnung ausgegeben werden.

„Zeiten, in denen über notwendige Ausgaben für die Polizei zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger lange und oft ohne positives Ergebnis debattiert wurde, sollten endgültig vorbei sein“, sagt der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU). Sein Ministerium hat für die Ausstattung der Polizei außerhalb des normalen Etats im kommenden Jahr 5 Millionen Euro zusätzlich einplant.

In Brandenburg stattete die Polizei ihre Spezialeinheiten mit neuen G-36-Gewehren, Helmen und Schutzwesten aus. Für Streifenbeamte gab es neue Maschinenpistolen. 2017 soll unter anderem neue Schutzausrüstung für Streifenpolizisten und Sondereinheiten wie das Spezialeinsatzkommando (SEK) gekauft werden.

In Hessen wurde die Polizei mit 850 neuen Schutzpaketen ausgestattet. Dazu gehören Schutzhelme und schusssichere Westen, aber auch Maschinenpistolen. „Damit wird insbesondere die Reaktionsfähigkeit der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten des täglichen Dienstes erhöht, die in der Regel als erste an einem Tatort eintreffen“, erklärt der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU).

2016 schaffte Hessen für rund fünf Millionen Euro besondere Schutzausrüstung und zwei gepanzerte Fahrzeuge an. Im kommenden Jahr soll der Betrag auf 10 Millionen Euro steigen.

Trotz Terrorgefahr und sichtbarer Sicherheitsvorkehrungen müssten Großveranstaltungen wie Weihnachtsmärkte weiter stattfinden können, sagte Bundesinnenminister de Maizière bei einer Telefonkonferenz der Innenminister im Dezember: „Wir dürfen und wir werden uns unser freiheitliches Leben nicht nehmen lassen.“