Studie von Wirtschaftsprüfern: NRW muss Sparkurs verschärfen
Zu viele Schulden, erdrückende Versorgungslasten, zu wenig Investitionen - Wirtschaftsprüfer stellen NRW kein gutes Finanzzeugnis aus. Sparpotenziale sehen sie in Doppelstrukturen in der Verwaltung.
Frankfurt/Main (dpa). Nordrhein-Westfalen muss stärker sparen, um bis 2020 tatsächlich ohne neue Kredite auszukommen. Das geht aus einer am Mittwoch in Frankfurt veröffentlichten Analyse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hervor. Demnach sind aus heutiger Sicht nur sechs Bundesländer in der Lage, die Schuldenbremse ohne weitere Ausgabenkürzungen zu erfüllen: Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein. Die Schuldenbremse im Grundgesetz schreibt den Ländern ab 2020 strukturell ausgeglichene Haushalte vor und verbietet grundsätzlich die Aufnahme neuer Schulden.
Mit 14 699 Euro Schulden pro Einwohner hatten Land und Kommunen in NRW im vergangenen Jahr die zweithöchste Pro-Kopf-Verschuldung aller Flächenländer - getoppt nur noch vom Saarland mit 16 077 Euro. Am besten steht Sachsen da (2302 Euro), gefolgt von Bayern (3384 Euro) und Baden-Württemberg (6537 Euro).
Die Finanzposition Nordrhein-Westfalens wird sich der Analyse zufolge bis 2020 im Kreis der westdeutschen Flächenländer weiter verschlechtern. Ursache sei maßgeblich die steigende Zinslast, heißt es im Bericht der Wirtschaftsprüfer. Derzeit hat das Land rund 130 Milliarden Euro Schulden.
Im vergangenen Jahr wurden in NRW von Land und Kommunen je Einwohner insgesamt 202 Euro mehr ausgegeben als eingenommen. Damit hat sich das Defizit allerdings im Vergleich zu den vorangegangenen beiden Jahren deutlich verbessert (2011: 322 Euro; 2010: 531 Euro).
Anders als in vielen anderen Flächenländern standen die Kommunen 2012 mit ihrem Anteil von nur noch 9 Euro Defizit pro Einwohner (2011: 128 Euro; 2010: 136 Euro) beim Abbau des Finanzierungsdefizits deutlich besser da als das Land. „Gleichzeitig waren 2012 die kommunalen Investitionen äußerst niedrig und weit überdurchschnittliche Hebesätze zeugen von einem geringen Handlungsspielraum“, stellte PwC fest.
Handlungsbedarf für das Land sehen die Wirtschaftsprüfer unter anderem im Bereich „Politische Führung und zentrale Verwaltung“. Hier habe das Land im Vergleich zum Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer „erhebliche Mehrausgaben aufgebaut“. Zu prüfen sei, ob das Festhalten an den Bezirksregierungen parallel zu den Aufgaben der Landschaftsverbände und Kommunen Ursache der Mehrausgaben sei und ob eine Zentralisierung einzelner Verwaltungen die Effizienz steigern könne.
Überdurchschnittlichen Zuschussbedarf weist NRW zudem in den Bereichen Grundsicherung für Arbeitssuchende und Soziales auf. Handlungsspielräume biete in den nächsten Jahren dagegen die rückläufige Schülerzahl, wo das Land bei den Pro-Kopf-Ausgaben ohnehin schon günstig aufgestellt sei. Gleiches gelte für die Bereiche Landwirtschaft und Forsten sowie die überwiegend kommunal verantworteten Bereiche Öffentliche Ordnung, Wohnen und Kultur.
Das Fazit der Prüfer: „Insgesamt wird es für Nordrhein-Westfalen nicht einfach werden, die Schuldenbremse einzuhalten.“ Das Bundesland sei belastet aufgrund seiner Sozialstruktur, der großen Anzahl an Ballungszentren und den damit verbundenen Kosten. Zudem habe NRW Sonderaufgaben wie etwa Schwerpunktstaatsanwaltschaften. „Auf der anderen Seite sind die Investitionen schon jetzt niedriger als in jedem anderen Bundesland.“ Ein weiterer Bremsklotz: NRW muss ein Fünftel seiner Einnahmen für Zins- und Versorgungslasten aufwenden.