Zum 1. Dezember droht zahlreichen Spielhallen die Zwangsschließung

Biometrische Einlasskontrollen sollen in Spielhallen Standard werden — für mehr Jugend- und Spielerschutz.

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Düsseldorf. Sie hoffen auf den großen Gewinn, warten auf das lang ersehnte Glück. Milliarden Euro werfen Spieler und Spielsüchtige jedes Jahr in Deutschlands Automaten. Zum 1. Dezember droht zahlreichen Spielhallen die Zwangsschließung, wenn der schon 2012 verabschiedete Glücksspielstaatsvertrag nach fünf Jahren Übergangsfrist in NRW umgesetzt werden soll.

Die Walzen mit Zitronen, Glocken oder Zahlen könnten bald in vielen Spielhallen stillstehen. Betreiber müssen ab 1. Dezember schärfere Auflagen einhalten.

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Das Gesetz sieht unter anderem einen Abstand von 350 Metern zwischen den einzelnen Spielhallen und zu Schulen oder Jugendtreffs vor. Mehrere Hallen in einem Gebäude sind verboten. Für die Umsetzung sind die Kommunen zuständig. Doch welcher Betreiber muss schließen, damit die Auflagen erfüllt sind? Und wo sind Ausnahmen möglich? Vielerorts herrscht große Unsicherheit, wie die Vorgaben des Landes umgesetzt werden sollen — vor allem dort, wo mehrere Zocker-Buden wie etwa in Bahnhofsgegenden nah beieinander liegen.

Vermutlich sind in größeren Städten mehr als 50 Prozent der Spielhallen von einer Schließung betroffen, die lobbystarke Automatenwirtschaft spricht im „Worst Case“ sogar von bis zu 70 Prozent. Es soll im Einzelfall entschieden werden. Viele Betreiber hätten schon Ausnahme- und Härtefallanträge gestellt.

Die Branche sieht sich in Bedrängnis. „Wenn Spielhallen nach dem Rasermäherprinzip dicht machen müssen, nur weil sie einen Mindestabstand nicht einhalten, führt das zu einem Kahlschlag bei den gewerblichen Spielhallen“, erklärt Burkhard Revers, Vorstandsmitglied des Deutschen Automatenverbandes (DAV), und bezieht sich auf die rund 22.100 Mitarbeiter, die in unterschiedlichen Bereichen in NRW beschäftigt seien.

Der Verband geht in die Offensive und setzt auf die „Qualitätsinitiative 2020“ — für ein sauberes Spielen. „Wir wollen, dass die überleben, die sich an Gesetze halten“, sagt Revers. Jugendschutz und Zertifizierung seien wichtige Kriterien. „Wenn das legale Angebot beschnitten wird, stärkt das den Schwarzmarkt und damit fragwürdige Anbieter — wie etwa Café-Casions oder das illegale Spiel im Internet“, sagt Georg Stecker, Vorstandssprecher der Deutschen Automatenwirtschaft. Negativ-Beispiele entsprechender „Schein-Gastronome“ — also eine Zunahme von Spielautomaten in Gaststätten, die nur schwer zu kontrollieren sei — zeigten sich schon jetzt in Berlin. Ob die Reduzierung der Spielhallenstandorte auch tatsächlich ein Mittel gegen die Spielsucht ist, könne man nicht vorhersagen.

Die Gauselmann AG — mit einem Jahresumsatz von 2,5 Milliarden Euro deutscher Marktführer und unter anderem Betreiber der Kette Casino Merkur-Spielothek — hat in diesem Jahr in ein neues Zutrittskontrollsystem mit biometrischer Gesichtserkennung investiert: „Face Check“. Eine Spezial-Kamera scannt sekundenschnell die Gesichtszüge und erkennt Menschen, die unter 25 sind. Gauselmann-Sprecher Mario Hoffmeister: „Das geht viel schneller als die bisherige Ausweis-Kontrolle mit Datenabgleich.“

Die bisherigen Erfahrungen seien gut. Ein Modell, das laut Automatenwirtschaft in allen Spielhallen Standard werden soll. Das 20.000 Euro teure System sei datensparsam und für den Spielgast niedrigschwellig, erklärt Georg Stecker. Die Gesichter der Menschen werden dabei nicht als Bild, sondern in Form von so genannten Templates, also Merkmalsdaten, gespeichert. Diese werden — außer bei möglichen gesperrten Spielern — nach 30 Sekunden wieder gelöscht.

Mit den biometrischen Einlasskontrollen soll zum Beispiel verhindert werden, dass Jugendliche in die Lokale gelangen. Zudem soll der Gesichts-Scan Spieler erkennen, die sich haben sperren lassen. Ein Ampelsystem mit Alarmton zeigt an, ob der Durchgang verwehrt wird. Die Gauselmann-Gruppe hat bisher 20 ihrer rund 80 Spielhallen-Filialen in NRW mit diesem System ausstattet, darunter fünf in Düsseldorf.

Genug Zeit, um sich auf dieses Gesetz vorzubereiten, hatte die Branche.