Merkel: Keine Rezession - Nein zu Eurobonds

Berlin (dpa) - Trotz Euro-Schuldenkrise und Turbulenzen an den Börsen glauben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt noch nicht an ein Ende des deutschen Aufschwungs.

„Ich gehe davon aus, dass wir für das Gesamtjahr ein Wachstum von mehr als drei Prozent verzeichnen werden“, sagte Hundt dem „Hamburger Abendblatt“ (Samstag).

„Unsere Konjunkturdaten zeigen, dass wichtige Wirtschaftszweige - die Automobil- und Zulieferindustrie, der Maschinenbau und die chemische Industrie - stark bleiben“, betonte der Chef der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände. „Ich sehe nichts, was auf eine Rezession in Deutschland hindeutet“, betonte Merkel im ZDF-Sommerinterview. Es gebe aber erhebliche langfristige Aufgaben und „das hat viel mit dem Abbau von Schulden zu tun“.

Die Dynamik der deutschen Wirtschaft hatte sich im zweiten Quartal deutlich abgeschwächt, das Wachstum lag im Vergleich zum Jahresanfang (1,3 Prozent) nur noch bei 0,1 Prozent. Als Gründe gelten die Schuldenkrise im Euroraum und die schwächelnde US-Konjunktur.

Die Bundesregierung bleibt bei ihrem Nein zu den umstrittenen Eurobonds, setzt sich aber für eine engere politische Union in Europa ein. Damit verbunden seien die Aufgabe von nationalen Souveränitätsrechten und eine Änderung der europäischen Verträge, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) der „Welt am Sonntag“. Dass es noch nicht so weit sei, sei „einer der Gründe für das Misstrauen der Märkte“.

Eurobonds seien zum jetzigen Zeitpunkt „genau der falsche Weg“, unterstrich Merkel im ZDF. „Sie führen uns in die Schuldenunion und nicht in die Stabilitätsunion.“ Sie wisse allerdings nicht, „ob in einer fernen Zukunft wir uns weiter entwickeln müssen“. Wirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler sagte der „Bild am Sonntag“: „Ich schließe aus, dass es mit dieser Bundesregierung Eurobonds geben wird! Dafür steht die FDP.“

Die Einführung von Eurobonds würde bedeuten, dass nicht mehr einzelne Staaten Schuldtitel ausgeben, sondern die Euro-Zone als Ganzes. Dadurch würde die Zinslast für hochverschuldete Länder wie Griechenland oder auch Italien sinken, für „Musterschüler“ wie Deutschland würde sie dafür aber höher als heute ausfallen.

Experten des Bundesfinanzministeriums gehen laut „Spiegel“ von Mehrbelastungen durch höhere Zinskosten von bis zu 2,5 Milliarden Euro im ersten Jahr und zwischen 20 und 25 Milliarden Euro nach zehn Jahren mit Eurobonds aus. Allerdings kursieren seit Monaten unterschiedliche Zahlen dazu - je nach Grundlage der Berechnung.

Die Opposition hält Eurobonds dennoch für notwendig. Sie würden zwar Deutschland belasten, sagte Grünen-Parteichef Cem Özdemir der „WirtschaftsWoche“. Aber: „Verglichen mit dem, was uns der Zerfall des Euro und damit der EU kosten würde, wäre das eine sinnvolle Investition in eine dauerhaft stabile Gemeinschaftswährung.“ SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte im „Spiegel“, Eurobonds seien unausweichlich.

Auch der Chef des drittgrößten deutschen Versicherungskonzerns Talanx, Herbert Haas, hält auf Dauer einen Finanzausgleich in Europa für sinnvoll. „Wenn man die EU und den Euro retten will, wird man um eine Transferunion mittelfristig nicht herumkommen“, sagte Haas der dpa in Hannover.

Arbeitgeberpräsident Hundt hält die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt weiterhin für entspannt. „Wir werden in diesem Jahr deutlich unter drei Millionen (Arbeitslosen) bleiben.“ Für 2012 halte er es sogar für denkbar, dass die Arbeitslosenzahl vorübergehend auf 2,6 Millionen sinkt - wenn die Konjunktur stabil bleibt.

Dieser Einschätzung schließt sich die Bundesagentur für Arbeit (BA) an. „Die jüngsten Ereignisse zeigen, dass es weiter Risiken für den Arbeitsmarkt gibt. Wir bleiben aber bei unserer Einschätzung, dass sich der Arbeitsmarkt dieses und nächstes Jahr günstig entwickelt“, sagte BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise der dpa.

Dem griechischen Haushalt droht wegen des Schrumpfens der Wirtschaft eine gefährliche Schieflage. Nach Schätzungen des Athener Finanzministeriums ist das gesetzte Ziel, Ende 2011 das Defizit auf 7,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu verringern, nicht mehr erreichbar. Athen geht jetzt von einem Defizit von mindestens acht Prozent aus. Finanzminister Evangelos Venizelos schlug Alarm in einem Brief an hochrangige Vertreter des Euroraums.