Nato bereitet sich auf neuen Einsatz in Afghanistan vor
Brüssel (dpa) - Die Nato plant einen neuen Militäreinsatz zur Ausbildung von Soldaten in Afghanistan ab 2015. Zugleich bekräftigten die Verteidigungsminister der 28 Nato-Staaten in Brüssel, der bisherige Kampfeinsatz der Afghanistan-Schutztruppe Isaf werde wie geplant bis Ende 2014 fortgesetzt.
Die zunehmenden Angriffe aus der Armee und Polizei Afghanistans heraus gegen die internationalen Truppen seien „eine wirkliche Herausforderung, die wir sehr ernst nehmen“, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. „Aber diese Insider-Angriffe haben weder Auswirkung auf unsere Strategie noch auf unseren Zeitplan.“
„Wir haben zu viel hinter uns, wir haben zu viele Schlachten geschlagen, wir haben zu viel Blut vergossen, um jetzt die Arbeit nicht zu beenden“, sagte US-Verteidigungsminister Leon Panetta. „Welche Taktik der Feind auch immer versuchen mag - Sprengsätze, Insider-Angriffe oder Autobomben -, wir werden nicht zulassen, dass uns das von unseren afghanischen Partnern trennt oder von unserem Auftrag ablenkt.“
Nach Angaben der Nato wurden im vergangenen Jahr 35 Menschen bei 21 sogenannten Insider-Angriffen getötet. Ein Jahr zuvor waren es 20 Tote bei 11 Angriffen.
„Die Attacken aus den afghanischen Sicherheitskräften gegen unsere Soldaten sind empörend und besorgniserregend“, sagte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière. „Die Strategie, gemeinsam mit den Afghanen für mehr Sicherheit zu sorgen, bleibt richtig.“ Nach einem Treffen mit Ministern der anderen im Norden Afghanistans tätigen Staaten sagte De Maizière, der Abzug müsse „abgestimmt, verantwortlich und behutsam“ organisiert werden, „dass die Erfolge, die erzielt worden sind, nicht im Nachhinein gefährdet werden“.
Der afghanische Verteidigungsminister Bismillah Mohammadi sagte: „Wir werden Schluss mit diesen Angriffen machen. Wir werden diese Bedrohung beseitigen.“ Er sagte, er habe keinen Zweifel, dass afghanische Kräfte nach dem Isaf-Abzug die Sicherheit im Lande garantieren könnten.
Die Minister beauftragten die Militärs, ein Mandat für eine Internationale Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsmission (Itam) auszuarbeiten. Sie soll der Ausbildung afghanischer Soldaten dienen. „Dies ist kein Kampfeinsatz“, betonte Rasmussen. Der neue Einsatz löst Anfang 2015 die Afghanistan-Schutztruppe Isaf ab. „Wir wollen sicherstellen, dass Afghanistan nie wieder zum Hort von Terroristen wird“, sagte er.
Über die voraussichtliche Truppenstärke wird erst im kommenden Jahr entschieden. „Das wird sehr stark von der Sicherheitslage Ende 2014 abhängen“, sagte Rasmussen. Die Ausbilder sollen auch durch Kampfsoldaten geschützt werden. De Maizière sagte, es sei noch unklar, wie die unterschiedlichen Aufgaben - neben einer „Schutzkomponente“ sind auch Versorgungseinheiten aller Art nötig - zwischen den Verbündeten aufgeteilt werden. Er gehe davon aus, dass Deutschland - das schon bisher im Norden Afghanistans den Isaf-Einsatz leitete - auch im Norden afghanische Soldaten ausbilden werde.
Panetta warnte vor Alleingängen beim Abzug der Isaf-Kampftruppen: „Wir müssen uns weiterhin an das Prinzip "gemeinsam rein, gemeinsam raus" halten.“ Er forderte die Verbündeten auf, endlich noch 58 fehlende Ausbildungsteams nach Afghanistan zu schicken. „Ich habe von meinen Kollegen gehört, dass sie alles ihnen mögliche tun wollen, um diese Teams zu stellen“, berichtete er vor Journalisten. „Ich hoffe sehr, dass wir die bestehende Lücke füllen können.“
Der bisherige Isaf-Kommandeur, US-General John Allen (58), wird Anfang des kommenden Jahres neuer Nato-Oberkommandeur. Die Verteidigungsminister beschlossen, Allen solle Anfang 2013 Nachfolger von US-Admiral James Stavridis werden. Dieser war seit Juli 2009 im militärischen Nato-Hauptquartier in Mons (Belgien) der für alle Einsätze zuständige Nato-Oberkommandeur. Als Leiter der Afghanistan-Schutztruppe ist US-General Joseph Dunford (57) vorgesehen, bisher stellvertretender Chef der US-Marineinfanterie.