Patienten- und Betreuungsverfügung Patientenverfügung: Ehepartner entscheidet im Notfall
Anders als bisher soll der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner automatisch Betreuer sein — wenn nichts anderes geregelt ist.
Berlin. Was passiert, wenn eine volljährige Person aufgrund eines Unfalls oder einer schweren Erkrankung nicht mehr für sich selbst entscheiden kann? In einer repräsentativen Forsa-Umfrage antworteten darauf 65 Prozent der Befragten, dass dann automatisch die nächsten Angehörigen am Zuge sind. Dass sie dann alles Notwendige regeln dürfen. Doch diese 65 Prozent liegen zu 100 Prozent falsch. Einen solchen Automatismus, dass etwa der Ehegatte Entscheidungen über medizinische Behandlungen für den nicht mehr handlungsfähigen Partner treffen darf, gibt es nicht. Die Realität ist: Gibt es keine Betreuungsverfügung, dann muss der durch den Unfall oder die unerwartete schwere Krankheit des Partners ohnehin schon erheblich Belastete auch noch ein gerichtliches Verfahren zur Betreuerbestellung betreiben.
Bisher kann es sein, dass dann statt des Ehepartners ein amtlich bestellter Betreuer über die ärztliche Behandlung entscheidet. Das soll bald anders werden. Nach einer gestern vom Bundeskabinett beschlossenen Reform sollen Verheiratete oder eingetragene Lebenspartner künftig berechtigt sein, Entscheidungen über Untersuchungen, Behandlungen und Operationen zu treffen. Gedacht ist das für den Fall, dass der Partner „aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung diese Angelegenheiten nicht besorgen kann“. Nicht gelten soll das, wenn die Eheleute oder Lebenspartner getrennt leben oder wenn ein anderer bevollmächtigt wurde.
Damit schließt sich Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) einem Gesetzentwurf des Bundesrats an. Nicht jeder allerdings findet diese Initiative gut. So wendet Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, ein, das eigentliche Motiv sei, Geld zu sparen. Rund eine Milliarde Euro gäben die Länder derzeit für Betreuungsverfahren aus. Durch die automatische Vorsorgevollmacht sollten viele dieser Verfahren überflüssig werden.
Brysch hat aber auch ganz grundsätzliche Bedenken: „Der Vorschlag schränkt das Selbstbestimmungsrecht von Verheirateten stark ein.“ Denn zukünftig müsse derjenige aktiv widersprechen, der seinem Ehepartner kein automatisches Vertretungsrecht zugestehen will. Zudem habe er dafür zu sorgen, dass sein Widerspruch im Notfall auch bekannt wird. Diese Offenbarungspflicht sei mit dem Selbstbestimmungsrecht unvereinbar.
Tatsächlich kann es Fälle geben, in denen der eine Partner dem anderen bei einer solch wichtigen Frage nicht über den Weg traut und lieber eine andere Vertrauensperson als Betreuer einsetzen will. Möglich wird das aber auch weiterhin sein. Wer eine Vertretung durch seinen Ehegatten oder Lebenspartner im Vorsorgefall ablehnt, kann einer anderen Person eine Vorsorgevollmacht erteilen oder auch der Vertretung durch seinen Partner widersprechen. Wer seinem Partner dies nicht direkt ins Gesicht sagen möchte, könnte diesen Widerspruch etwa in seine Patientenverfügung (siehe Infokasten) schreiben oder eine Vertrauensperson — einen Angehörigen oder den Hausarzt — mit der Überbringung dieser Nachricht beauftragen, wenn der Fall eintreten sollte.
Noch ist der Gesetzesplan freilich nicht Gesetz. Wer schon jetzt sichergehen möchte, dass nicht nur die Vertretungsfragen im Alltag geregelt sind (zum Beispiel die gegenseitige Kontovollmacht), sollte auch die wichtigen Fragen der Vorsorgevollmacht — Vertretung in rechtlichen Angelegenheiten — und der Betreuung regeln. Und, wenn gewünscht, den Ehepartner als Betreuer einsetzen. Zu all dem gibt es auf der Internetseite des Bundesjustizministeriums gut verständliche Handreichungen und Musterformulare: