„Plötzlich schaust du in ein Panzerrohr“
Thomas Grieser arbeitet in Kairo — er lebt auf Abruf und übernachtet im Büro.
Kairo/Düsseldorf. Wenn er wollte, könnte Thomas Grieser Ägypten mit der nächsten Maschine verlassen. Der 46-jährige Hesse leitet seit vergangenem Herbst den Betrieb der LSG Sky Chefs, einer Lufthansa-Tochter, die für das Catering der Flugzeuge zuständig ist. „Ich übernachte seit Tagen im Büro“, erzählt er im Telefonat mit unserer Zeitung. Aus Angst: Die 15-minütige Autofahrt zu seinem Haus in einem Vorort der Millionenstadt ist ihm derzeit zu gefährlich.
Zweimal am Tag bekommt er einen Anruf von der Sicherheitsabteilung der Konzernzentrale in Neu Isenburg: „Ist bei euch alles in Ordnung?“ Schon vor Tagen kam aus Hessen das Okay: Wenn Grieser und seinem deutschen Produktionsleiter die Lage zu heikel werde, könne er das Land jederzeit verlassen.
Noch denkt Grieser nicht daran. Auch aus Verantwortung für seine fast 400 ägyptischen Mitarbeiter. „Sie organisieren sich nachts in Bürgerwehren, um ihr Eigentum vor marodierenden Banden zu schützen“, sagt Grieser. Entsprechend habe er die Schichtpläne umgeschrieben. Derzeit werde der Flughafen von Militär beschützt. Auf den Zufahrtsstraßen seien Panzer aufgefahren. Auf der sonst vierspurigen Straße sei nur noch eine Fahrspur frei, schwere Kettenfahrzeuge blockieren die übrigen. „Plötzlich schaust du in ein Panzerrohr, da wird dir schon mulmig.“ Autos und Lkw würden von Soldaten kontrolliert — die Maschinenpistole im Anschlag.
Auch auf einer Spur gelangen so viele Menschen in die drei Terminals des Flughafens, dass sie „zum Bersten voll“ mit Reisenden seien, die das Land verlassen wollen. „Im Großen und Ganzen geht es aber geordnet ab.“
Von der Lage am Flughafen macht der erfahrene Lufthanseat auch sein eigenes Bleiben abhängig. „Wenn es sich hier weiter zuspitzen sollte, bin ich weg. Ich bin ja nicht lebensmüde.“