Raketentrümmer treffen vor Israel liegendes Kreuzfahrtschiff

„Aida Diva“ gerät zwischen die Fronten. Keine Verletzten an Bord. Armee startet neue Offensive.

Foto: Bernd Wüstneck

Rostock/Tel Aviv. Erst knallte es fürchterlich laut. Ein Aufblitzen am nächtlichen Himmel. Dann fielen Metallteile auf das Kreuzfahrtschiff „Aida Diva“, das gerade den Hafen im israelischen Aschdod verließ, — offenbar Trümmer von abgeschossenen Raketen im eskalierenden Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Aschdod liegt 30 Kilometer nördlich des umkämpften Gazastreifens.

Nach ersten Einschätzungen von Experten könnten die Teile von israelischen Abwehrraketen stammen, wie die Kreuzfahrtreederei Aida Cruises am Dienstag mitteilte. Von ihnen sei keine Gefahr ausgegangen, die Besatzung kehrte sie zusammen. Das Schiff selbst sei nicht Ziel eines Angriffs gewesen, niemand an Bord sei verletzt worden. „Die Teile waren meist kaum größer als Centstücke und passten zusammengefegt auf eine Müllschippe“, sagte Hansjörg Kunze, Sprecher von Aida Cruises. Das Schiff verließ Israel und wird am Mittwoch in Kreta erwartet.

Der Vorfall vom Montagabend verlief für die rund 2700 Passagiere und Besatzungsmitglieder glimpflich. Kurz nach 20 Uhr Ortszeit habe sie die Sirenen im Hafen gehört, berichtete Rieke Petter aus Freiburg, die auf dem Schiff ist. Kurz darauf seien Raketen zu sehen gewesen. „Es ist natürlich etwas Beunruhigendes, dass man Zeuge kriegerischer Handlungen geworden ist. Aber ich fühle mich jetzt nicht als Teil dieses Konfliktes. Es ist ja nicht so, dass die Leute aus dem Gazastreifen auf uns gefeuert haben“, sagte Petter.

Aida Cruises entschied am Dienstag, bis auf weiteres keine israelischen Häfen mehr anzufahren. Das Auswärtige Amt in Berlin rät nach dem Vorfall seit Dienstag zudem von nicht notwendigen Reisen in einem Umkreis von 40 Kilometern zum Gazastreifen ab. In diesem Radius befindet sich auch der Hafen Aschdod.

Die israelische Armee startete nach massivem Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen eine neue Offensive gegen die radikal-islamische Hamas. Kampfflugzeuge flogen am Dienstag Dutzende Angriffe auf den von der Hamas kontrollierten Küstenstreifen. Dabei wurden auch Wohnhäuser beschossen und zerstört. Militante Palästinenser feuerten eine Rakete auf die israelische Küstenmetropole Tel Aviv ab. Das Geschoss wurde von der Raketenabwehr südlich der Stadt abgefangen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wies das Militär an, Vorbereitungen für eine Bodenoffensive im Gazastreifen zu treffen. Die Regierung gab grünes Licht für die Mobilisierung von bis zu 40 000 Reservesoldaten.

US-Präsident Barack Obama rief Israelis und Palästinenser eindringlich zu einer friedlichen Lösung auf. „Frieden ist möglich“, schrieb Obama in einem Gastbeitrag für die linksliberale israelische Zeitung „Haaretz“. Beide Seiten müssten bereit sein, dafür Risiken einzugehen.

Auslöser der neuen Gewalt waren die Entführung und die Ermordung von drei jüdischen Religionsschülern sowie der mutmaßliche Rachemord an einem palästinensischen Jugendlichen. In der Region wächst die Sorge vor einem Krieg und einem Palästinenser-Aufstand.