Reform: Der Wehrdienst soll keine „Bummelerfahrung“ mehr sein

Minister Guttenberg geht sein größtes Projekt an. Er will die Bundeswehr attraktiver machen.

Berlin. Es sind ungemütliche Tage für Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Die Entlassung eines weiteren Generals wegen der Kundus-Affäre hat ihm heftige Kritik der Opposition und ein verheerendes Medienecho beschert.

Dann attestierte der Wehrbeauftragte des Bundestags der Bundeswehr erhebliche Mängel bei Ausbildung und Ausrüstung der Truppe sowie unhaltbare Zustände im Sanitätswesen.

Und am Donnerstag werden im Untersuchungsausschuss zwei Zeugen gehört, die den CSU-Politiker erst so richtig in Bedrängnis bringen könnten: der frühere Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und der ehemalige Staatssekretär Peter Wichert. Beide hatte Guttenberg aus ihren Ämtern gedrängt, weil er sich von ihnen schlecht informiert fühlte.

Als wolle er politische Handlungsfähigkeit beweisen, preschte der Minister am Mittwoch mit einem Reformprojekt vor, das wohl sein wichtigstes in dieser Legislaturperiode sein wird. Obwohl die Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung noch laufen, präsentierte Guttenberg die Eckpunkte für den Umbau der Wehrpflicht. Die Verkürzung des Wehrdienstes von neun auf sechs Monate soll vom 1. Januar 2011 auf den 1. Oktober 2010 vorgezogen werden. Für den Zivildienst soll die Verkürzung sogar schon zum 1. August in Kraft treten.

Ziel Guttenbergs ist es, den Wehrdienst zu verdichten. Er wolle keine "Bummelerfahrungen" mehr, sagte er. Es sollten "sechs bestens genutzte Monate für junge Menschen" werden, die möglichst auch Lust auf mehr machen. Den jungen Menschen solle die Möglichkeit gegeben werden, "die Attraktivität dieses Arbeitgebers zu erkennen".

Sein Konzept will der Minister nun mit den Fraktionen diskutieren. Die Verkürzung der Wehrpflicht ist nicht nur im Bundestag, sondern auch in der Truppe höchst umstritten. Der scheidenden Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe (SPD), hatte in seinem Jahresbericht in deutlicher Form auf die Skepsis hingewiesen. Nicht selten werde die Auffassung geäußert, dass die Wehrpflicht gleich ganz abgeschafft werden sollte, wenn kein sinnvolles Konzept für eine Verkürzung vorgelegt werde.

Noch härter wird aber wohl um die Verkürzung des Zivildienstes gerungen, der vor 20 Jahren 20 Monate dauerte. Ab August sollen es nur noch sechs sein. "Wir haben keine Planungssicherheit", kritisierte die Leiterin der Verwaltungsstelle für Zivildienst beim Berliner Deutschen Roten Kreuz, Marlies Bruske. Die Einrichtungen befürchten negative Auswirkungen für die Alten- und Krankenpflege durch den Schwund der Zivis. Für eine ordentliche Ausbildung werde kaum noch Zeit sein, heißt es.

Im Gespräch sind nun verbesserte Konditionen für eine freiwillige Verlängerung des Zivildienstes. Einzelheiten wurden vom zuständigen Familienministerium aber noch nicht genannt.