Regierungsplan: Kampagne gegen Atomsteuer
Die Wirtschaft macht mobil gegen die Abgabe – mit Hilfe von Prominenten.
Berlin. Ausgewogen und gerecht wollte die schwarz-gelbe Bundesregierung im Juni ihr Sparpaket gestalten. Nicht nur Eltern und Hartz-IV-Empfänger, auch "die Großen" sollten zur Kasse gebeten werden: mit einer Bankenabgabe für die Finanzindustrie und einer Brennelementesteuer für die Atomwirtschaft.
Die kampferprobte Stromlobby läuft nun Sturm - und es sieht nach einem Erfolg für sie aus. Opposition und Umweltschützer toben.
Die Kanzlerin hatte den Kurs in der brisanten Atomfrage geradezu beiläufig am Mittwoch zum Auftakt ihrer Energie-Reise bei einer Windradfirma in Rostock geändert. Wenn eine andere Form als die Brennelementesteuer gefunden werde, "ist es auch gut", sagte Angela Merkel.
Am Freitag baute Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) diesen Weg aus. Ein Vertrag mit den vier deutschen Stromkonzernen Eon, RWE, Vattenfall und EnBW zur Abschöpfung ihrer Milliardengewinne bei längeren Laufzeiten sei besser als eine Steuer.
Das mehrstufige Steuerabwehrkonzept der Energieriesen scheint aufzugehen: Erst drohten sie mit Klagen, dann mit der Abschaltung ihrer Atomkraftwerke. Jetzt starteten die Konzerne - ungeachtet der wohlwollenden Signale von Merkel und Kauder - eine Protestkampagne gegen die schwarz-gelbe Energiepolitik mit den Namen prominenter Mitstreiter.
Unterschrieben haben neben Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann auch der Merkel-Kritiker Friedrich Merz und Kauders Vize Michael Fuchs. Sie warnen vor einer düsteren Zukunft der Industriemacht Deutschland, wenn die Regierung die konventionelle Stromproduktion noch mehr besteuert.
Nicht alle in der Wirtschaft finden dieses Eintreten für den eigenen Vorteil gut: Eine solche einseitige Aktion sei nicht hilfreich und werde den Akteuren in der Öffentlichkeit mehr schaden als nutzen, kritisierte Hans-Joachim Reck vom Verband kommunaler Unternehmen. Die Stadtwerke fürchten, dass Eon, RWE & Co. mit Hilfe von Schwarz-Gelb ihre Marktmacht festigen.
Warum eigentlich wollen die Atombetreiber die neue Steuer um fast jeden Preis verhindern? Sie wissen, eine einmal erfundene Steuer wird selten rückgängig gemacht. Auch könnten SPD und Grüne dieses Instrument nach einem Wahlsieg in drei Jahren nutzen, um die Konzerne weiter zu schröpfen.
Laut Branchenkreisen haben die Konzerne dem Staat etwa 30 Milliarden Euro für eine Verlängerung der Atomlaufzeiten um eine zweistellige Jahreszahl geboten. Das hört sich verlockend an. Doch die Branche will nichts verschenken - sie pocht darauf, das Geld als Betriebsausgabe von der Steuer absetzen zu können.