Analyse: Neuer Anlauf für einen Frieden in Nahost
Israel und Palästinenser nehmen ihre Verhandlungen wieder auf. Doch es bleibt Unsicherheit.
Tel Aviv. 17 Jahre nach dem ersten Oslo-Abkommen haben diePalästinenser noch immer keinen eigenen Staat. Und die Israelis lebennicht in Frieden und Sicherheit. Jetzt soll es ganz schnell gehen. Beide Seiten wollen nur ein Jahr lang verhandeln.
Die US-Regierung hat es geschafft, Israelis und Palästinenser wiederan einen Verhandlungstisch zu bringen. Stimmen die Berichte, dann halfam Ende nur, dem unwilligen Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas diePistole auf die Brust zu setzen: Kein Geld mehr ohne Verhandlungen.
Im Nahost-Konflikt gelten aus der Erfahrung zwei Jahrzehnte langerGespräche bislang zwei Regeln: Selbst einfach anmutende Probleme sindkomplizierter als man denkt und oft unlösbar. Und das weitreichendsteAngebot, das eine israelische Koalitionsregierung ohne ihr sicherespolitisches Ende unterbreiten kann, geht den Palästinensern nicht weitgenug.
Der Teufel liegt im Detail. Ein Beispiel: Die Palästinenser fordern,dass alle israelischen Soldaten das Westjordanland verlassen undstattdessen eine Nato-Truppe die Sicherheit gewährleistet. Netanjahuwill aber die Kontrolle über das Jordantal an der Grenze zu Jordaniennicht aufgeben. Er befürchtet, dass sonst palästinensische ExtremistenRaketen und Waffen einschmuggeln und Israel angreifen werden.
Seit Wochen haben die US-Regierung und die EU aufs Tempo gedrückt,damit die Palästinenser nach knapp zweijähriger Pause wieder direkt mitIsrael verhandeln. Sie haben Abbas gesagt, dass Netanjahu inVerhandlungen Farbe bekennen muss, ob er tatsächlich zu einer Lösung und einem Palästinenserstaat bereit ist.
Für US-Präsident Barack Obama ist die Wiederaufnahme vonVerhandlungen zweifelsohne ein kleiner Erfolg. Zeitlich kommt dieser auf jeden Fall gelegen. Anfang November stehen in den USA Teilwahlen zumUS-Kongress an. Seine demokratische Partei wird traditionell von vielenjüdischen Wählern unterstützt.
Zumindest der Wettlauf gegen die Zeit scheint gewonnen. Am 26.September läuft ein zehn Monate langer Baustopp Israels imWestjordanland aus. Ultra-rechte und siedlerfreundlicheKoalitionspartner Netanjahus planen quer durch das Palästinensergebiettausende neue Wohnungen. In einer solchen Atmosphäre hätte niemand mehrAbbas zurück an den Verhandlungstisch gebracht.