Roland Koch gibt alle Ämter auf: „Politik ist nicht mein Leben“
Überraschung: Hessens Regierungschef legt am 31.August sein Amt nieder und will in die Wirtschaft wechseln.
Wiesbaden. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (52) zieht sich überraschend aus der Politik zurück. Koch kündigte am Dienstag an, er werde am 31.August nach elf Jahren sein Amt als Regierungschef niederlegen und wolle auch nicht mehr als Chef der Hessen-CDU und stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender kandidieren. Koch sagte: "Politik ist ein faszinierender Teil meines Lebens. Aber Politik ist nicht mein Leben." Gesundheitliche Gründe hätten bei der Entscheidung keine Rolle gespielt.
Der Jurist kündigte an, nach einer Pause in die Wirtschaft wechseln zu wollen. Die Entscheidung sei richtig für Hessen, seine Partei und für ihn selbst. Dem Land tue ein personeller Wechsel "bei Beibehaltung des politischen Kurses" gut. In Wiesbaden hatte es seit einiger Zeit Spekulationen gegeben, dass Koch seine Nachfolge rechtzeitig vor der Landtagswahl 2014 regeln werde. Favorit für das Amt des Regierungschefs ist der hessische Innenminister Volker Bouffier.
Gleichzeitig kündigte die bisherige Umweltministerin Silke Lautenschläger (CDU) an, sie werde dem nächsten Kabinett nicht mehr angehören. Eine Begründung nannte sie nicht.
Koch betonte, dass seine Familie und die CDU-Vorsitzende Angela Merkel schon seit mehr als einem Jahr von seinen Plänen gewusst hätten. Merkel bedauerte den Schritt ihres Stellvertreters. Sie sagte, der Rückzug Kochs bedeute einen Verlust für die Politik. Sie habe ihn über viele Jahre als einen guten und wichtigen Ratgeber erlebt.
Koch ist seit 1999 Ministerpräsident in Hessen. Nach einer Wahlschlappe der Hessen-CDU Anfang 2008 blieb er im Amt, weil die damalige SPD-Landesvorsitzende Andrea Ypsilanti mit dem Versuch scheiterte, eine rot-grüne Koalition mit Hilfe der Linkspartei zu bilden. Nach den Neuwahlen bildete Koch eine Koalition mit der FDP.
Koch galt lange als Rivale der Kanzlerin und CDU-Chefin Merkel und wurde immer wieder für Spitzenämter im Bundeskabinett gehandelt. Der Bonner Politikwissenschaftler Gerd Langguth sagte unserer Zeitung, Koch habe nach den schwierigen Landtagswahlen 2008 und 2009 nicht mehr ohne weiteres mit einer Wiederwahl rechnen können.
"Er wollte freiwillig gehen und nicht erst nach einem Wählervotum. Diese Einsicht ist bei einem Politiker ungewöhnlich." Nach dem Finanzexperten Friedrich Merz verliere die CDU mit Koch einen weiteren profilierten Vertreter des konservativen Flügels.