Scharfe Kritik an Entführung von Putin-Gegner aus Ukraine
Moskau/Berlin (dpa) - Verschleppt, misshandelt, eingesperrt: Russische Greiftrupps haben in einer Nacht-und-Nebel-Aktion den Moskauer Oppositionellen und Putin-Kritiker Leonid Raswosschajew aus der Ukraine entführt.
Der Mann wurde angeblich gefoltert.
Kritiker vergleichen das Vorgehen mit Aktionen zu Sowjetzeiten. Der Fall von Raswosschajew erinnere daran, sagte die Osteuropa-Expertin der Grünen im Bundestag, Marieluise Beck, am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Dass Raswosschajew in Moskau die Planung blutiger Unruhen gestanden haben soll, komme ihr wie erpresste Selbstkritik vor. „Da läuft es mir kalt den Rücken herunter“, meinte Beck.
Die Verschleppung zeuge von tiefer Missachtung internationaler Gepflogenheiten, kritisierte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Die Behörden der Ex-Sowjetrepublik müssten den Fall aufklären. Menschenrechtler in Moskau sprechen von Folter. Raswosschajew war ohne anwaltlichen Beistand zu zwei Monaten Untersuchungshaft verurteilt worden.
Der Referent des kritischen Duma-Abgeordneten Ilja Ponomarjow war am Freitag in ein Auto gezerrt worden, als er in Kiew das Büro eines UNHCR-Partners verließ. Dort wollte er Asyl beantragen. Experten meinen, dass die Entführung nur mit Hilfe der ukrainischen Behörden möglich gewesen sei. Der Geheimdienst SBU bestritt jedoch, davon gewusst zu haben. Raswosschajew habe die Ukraine am Freitag legal verlassen, teilte der Grenzschutz mit.
Beck forderte einen fairen Prozess. „Allerdings habe ich zu viele Verfahren in Russland erlebt, die mit Rechtsstaatlichkeit dem Inhalt nach nichts mehr zu tun hatten“, sagte die Politikerin. Sie kritisierte, der offene Druck auf die russische Opposition nehme von Tag zu Tag weiter zu.
Die Ermittlungsbehörde in Moskau teilte indessen mit, die Anklage gegen Oppositionsführer Sergej Udalzow (35) wegen Planung von Massenunruhen sei fertig. Dem Chef der Linken Front drohen zehn Jahre Haft. Raswosschajew soll ihn schwer belastet haben. Die Ermittler stützen sich auf den Propagandastreifen „Anatomie des Protests 2“ des Staatsfernsehens über Umsturzpläne der Opposition. Am 6. Mai waren Proteste gegen Putin in Moskau eskaliert. Demonstranten und Sicherheitskräfte geben sich gegenseitig daran die Schuld.