Schwarz-Grün wird zur Option
Schwäche der SPD macht die Grünen offen für neue Bündnisse.
Berlin. Angewidert schaut er aus. "Langweilig", sagt Cem Özdemir. "Das unterfordert die Wähler", klagt der Grünen-Chef. Seine Körpersprache vermittelt: Lasst mich damit in Ruhe. Mit Schwarz-Grün. Es gibt sie, die Annäherungsversuche von CDU und CSU, aber bei den Grünen lautet die Devise "tiefer hängen".
Die Zurückhaltung ist begründet. Die Grünen-Führung hat Angst vor der eigenen Basis und sich selbst eine Frage gestellt: Wem nützt das Gerede? Die Antwort: Der SPD, weil sie die Grünen gegenüber Lagerwählern als unsichere Kantonisten darstellen kann. Und dann der Union.
Die Christdemokraten geben der FDP zu verstehen, dass sie mehr als eine Option haben. Zudem müssen die Christdemokraten eine Antwort darauf finden, dass bürgerliche Wähler mit den Grünen "fremdgehen", wie Cem Özdemir es ausdrückt. Die Grünen sind für Politiker wie Wolfgang Schäuble "kein Tabu" mehr.
In Baden-Württemberg haben sie zumindest verhandelt. In Hamburg sind sie weiter: Da regieren Schwarze und Grüne. Schwarz-grüne Gedankenspiele sind eine Folge der Schwäche der SPD. Der Wunschpartner der Grünen verharrt im Tief, Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier weckt keinerlei Fantasien.
Özdemir gefällt es, dass seine Partei nicht mehr das Feindbild der Konservativen ist. Das gilt politisch, weil die CDU von einer früheren Umweltministerin geführt wird, die sich als Klimakanzlerin in Szene setzt. Es gilt aber genauso kulturell. Die "Bionade-Generation" ist auch im bürgerlichen Lager zuhause.
Wo liegt das Problem der Grünen? Wunschpartner der Union sind die Liberalen. Die Grünen kommen nur ins Spiel, wenn es für ein Bündnis mit der FDP nicht reicht. Wer ist schon gern Ersatz? Der gängigste Einwand ist die Energiepolitik der Union. Tatsächlich stellen die Christdemokraten den Atomausstieg in Frage. Wie unideologisch Angela Merkel sein kann, zeigt sich aber gerade in dieser Frage. In der Koalition mit der SPD hat sie das Thema ausgeklammert.
Bei der schwierigsten Frage könnte Merkel der Grünen-Spitze kaum helfen. Wie sage ich es meiner Basis? Als die Grünen-Politikerin Krista Sager in Hamburg von Schwarz-Grün sprach, da stellten die Anhänger den Wahlkampf fast ein. Und doch zeigt gerade das Beispiel Hamburg, wie sich Schwarz-Grün verkaufen ließe: Als Notlösung, um eine Große Koalition zu verhindern, wenn es für Rot-Grün nicht reicht.