Steuern: FDP auf dem Rückzug

Die Liberalen nehmen Abstand von der großen Lösung. Aber es soll maßvolle Entlastungen geben.

Berlin. Die FDP hat den steuerpolitischen Rückzug angetreten. Schritt für Schritt. Vor der Bundestagswahl kündigte FDP-Chef Guido Westerwelle noch einen Drei-Stufen-Tarif und eine Steuerentlastung im Umfang von 35 Milliarden Euro an. Im Koalitionsvertrag mit der Union war dann nur noch von 24 Milliarden Euro die Rede, "möglichst zum 1.1.2011". Nun soll das Gros der Entlastungen, wenn es nach den Liberalen geht, erst zum 1. Januar 2012 kommen.

"Wir sind nicht blind und realitätsfern", erklärte am Donnerstag der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms, als er das neue steuerpolitische Konzept vorstellte, das in zehn Tagen auf dem Bundesparteitag der Liberalen verabschiedet werden soll. Man wisse, dass der finanzpolitische Handlungsspielraum des Staates durch die Finanz- und Wirtschaftskrise eingeschränkt sei. "Wir konzentrieren uns auf das in dieser Legislaturperiode Machbare."

Machbar ist für die FDP bis zur nächsten Wahl der Umstieg in einen Fünf-Stufen-Tarif, der allerdings am Eingangs- und Spitzensteuersatz ebenso wie am Grundfreibetrag (8004 Euro) nichts ändert. Die Tarifstufen sollen 14, 25, 35, 42 und 45 Prozent ("Reichensteuer") betragen. Entlastet werden sollen insbesondere die Einkommensbezieher zwischen 12 500 und 53 000 Euro im Jahr.

Die Steuerentlastung beziffert die FDP auf 16 Milliarden Euro, wodurch aus ihrer Sicht der Koalitionsvertrag umgesetzt wäre. Denn das dort vereinbarte Senkungsvolumen von 24 Milliarden Euro umfasste auch das acht Milliarden Euro schwere "Wachstumsbeschleunigungsgesetz".

Die FDP hatte vor der Wahl versprochen, für einen Abbau der kalten Progression zu sorgen. Heute steigt die Steuerbelastung bei jedem zusätzlich verdienten Euro durch den linear-progressiven Tarifverlauf. Beim Stufentarif nimmt die Belastung so lange nicht zu, wie das zusätzlich verdiente Geld im Einkommensbereich einer Stufe bleibt. Die FDP spricht von einer "Abmilderung" der kalten Progression.

Der Steuerrechts-Professor Joachim Lang, Vorsitzender der Kommission Steuergesetzbuch der Berliner "Stiftung Marktwirtschaft", hält nichts von einer für den Staat teuren Steuerentlastung. "Was wir brauchen, ist eine Vereinfachung des Steuerrechts", sagte Lang unserer Zeitung. Die Kompliziertheit liege aber nicht im Steuertarif, sondern in der Berechnung der Bemessungsgrundlage. Die müsse vereinfacht werden. Solms und der Co-Autor des Steuerkonzepts, der Chef der NRW-FDP Andreas Pinkwart, betonten, dass es ihnen auch um eine Vereinfachung des Steuerrechts gehe.

Ausgeglichen werden sollen die Steuerausfälle vor allem durch Subventionsabbau. Darüber hinaus finanzieren sich laut FDP die Steuerentlastungen innerhalb weniger Jahre zur Hälfte selbst. So erwartet die Partei, dass der Staat 2,5 Milliarden Euro mehr Steuern einnimmt, weil die Schattenwirtschaft unattraktiv werde.

Das Steuerkonzept gilt als Angebot an die Union, mit der man nun verhandeln will. Von dort kamen zustimmende Signale. SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach hingegen von "eiskalter Umverteilungspolitik". Vor allem Haushalte mit kleinerem Einkommen müssten die Zeche über höhere Beiträge für die Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherung zahlen.