Streit ums Wahlrecht: SPD will „vertragstreu“ bleiben
Die Sozialdemokraten würden am Freitag gerne mit den Grünen stimmen – aber sie trauen sich nicht.
Berlin. Die SPD-Spitze hat lange mit sich gerungen - und sich dann am Montag doch gegen einen vorzeitigen Bruch der Großen Koalition entschieden. Bis zuletzt hatten die Sozialdemokraten erwogen, am Freitag einem Antrag der Grünen zur Änderung des Wahlrechts zuzustimmen. Er hege "große Sympathie" für das Vorhaben der Grünen, die Überhangmandats-Regelung zu beseitigen, hatte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, der "Frankfurter Rundeschau" noch gesagt.
Dann die Kehrtwende: Nach einer Präsidiumssitzung der SPD stellte Generalsekretär Hubertus Heil klar, seine Partei sei "vertragstreu". Ein Koalitionsbruch sei zu "keinem Zeitpunkt" erwogen worden.
Allerdings warf Heil dem Koalitionspartner CDU/CSU vor, die vom Bundesverfassungsgericht verlangte Änderung bei den Überhangmandaten verschleppt zu haben. Aus "Gründen der demokratischen Hygiene" wäre eine Neuregelung noch vor der Bundestagswahl am 27. September nötig gewesen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt eine Änderung des Wahlrechts noch vor der Bundestagswahl entschieden ab. Das geht aus einem Brief Merkels an SPD-Chef Franz Müntefering vom 25. Juni hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zur Begründung verweist die CDU-Vorsitzende darauf, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vor einem Jahr die jetzige Bundestagswahl auf der bestehenden Rechtsgrundlage ausdrücklich zugelassen habe.
Ungemach droht derweil von anderer Seite. Einer von zwei Beschwerdeführern, die das Verfassungsgerichtsurteil im Juli 2008 erwirkt hatten, kündigte jetzt schon an, das Ergebnis der kommenden Bundestagswahl anfechten zu wollen. Forscher gehen davon aus, dass die Union diesmal besonders von Überhangmandaten profitieren wird.