Überblick Wann Kinder für Pflege der Eltern zahlen
Düsseldorf · Pflege ist teuer - Hunderttausenden reichen Rente und Pflegeversicherung nicht. Oft müssen am Ende die Kinder das Heim mitbezahlen. Ein neues Gesetz soll entlasten. Doch die Pflicht für ein finanzielles Einstehen gilt weiter.
Wenn die Eltern ins Pflegeheim kommen, kann es teuer werden – für die Kinder. Denn so wie die Eltern unterhaltspflichtig sind, gilt auch umgekehrt: Kinder müssen für ihre Eltern finanziell einstehen. Ein Gesetzentwurf will nun die Haftung der Kinder begrenzen und diese erst ab einem Jahresverdienst von 100.000 Euro in die Pflicht nehmen. Die rechtlichen Regeln, wann Kinder für ihre Eltern zahlen müssen, sind kompliziert. Ein Überblick:
Hohe Kosten im Alter: Der teure Heimplatz
Ein Platz im Pflegeheim ist teuer. In hohen Pflegestufen werden oft weit mehr als 3000 Euro monatlich fällig. Der vom Pflegebedürftigen zu zahlende Eigenanteil liegt laut Verband der Ersatzkassen bundesweit bei durchschnittlich 1830 Euro. Da können Ersparnisse schnell dahinschwinden. Und dann?
Der Anspruch der Eltern gegen ihre Kinder
Zunächst einmal müssen Vater oder Mutter bedürftig sein, bevor sie ihre Kinder in die Pflicht nehmen können. Wenn ihre eigenen Einkünfte wie zum Beispiel die Rente oder Mieteinnahmen ausreichen, müssen sie natürlich selbst für die Heimkosten aufkommen. Auch müssen sie zunächst ihr eventuell vorhandenes Vermögen aufbrauchen, bevor sie die Kinder in Anspruch nehmen. Eine eiserne Reserve darf ihnen aber verbleiben. Diese liegt nach der „Barbetragsverordnung“ zum Sozialgesetzbuch XII bei 5000 Euro.
Böse Eltern, oder: Wann diese leer ausgehen
In extremen Ausnahmefällen kann der Anspruch der Eltern auf Unterhalt gegen ihre Kinder verwirkt sein. § 1611 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nennt hier zum Beispiel die Fälle, dass der Elternteil seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind selbst früher gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen das Kind schuldig gemacht hatte. Allein die Tatsache aber, dass Vater oder Mutter das Kind enterbt haben, ändert nichts daran, dass dieses am Ende doch den Unterhalt für den Elternteil zahlen muss. Das hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2014 entschieden.
Zahlen müssen nur die Kinder, nicht etwa die Enkel
Wer muss zahlen: Verpflichtet sind nur die Kinder. Nicht etwa die Enkel oder die Geschwister der Pflegebedürftigen. Mehrere Kinder haften anteilig. Schwiegerkinder, also die Frau oder der Mann des Kindes sind zwar grundsätzlich nicht in der Pflicht. Mittelbar kann sich eine Unterhaltspflicht für sie freilich doch auswirken, wenn das Familieneinkommen dadurch geschmälert wird, dass der Ehepartner seinen Eltern unter die Arme greifen muss.
Wie wird die Unterhaltspflicht berechnet?
Demnächst sollen Kinder erst dann für ihre Eltern einstehen müssen, wenn sie mehr als 100.000 Euro jährlich verdienen. Die Berechnung des Betrages, mit dem sie ihre Eltern unterstützen müssen, folgt einer komplizierten Berechnung. Und richtet sich danach, was die Kinder zu leisten imstande sind. Zunächst werden vom Nettoeinkommen noch einige Posten abgezogen, wie zum Beispiel Krankheitskosten oder Altersvorsorgekosten. Ebenso wie auch Unterhaltspflichten, die man gegenüber anderen Personen hat, etwa gegenüber dem Ehepartner oder den eigenen Kindern. Von dem so berechneten Nettoeinkommen muss man auch nicht alles abgeben, sondern dem Unterhaltspflichtigen steht auch ein sogenannter Selbstbehalt zu, der ihm auf jeden Fall fürs eigene Leben verbleiben muss. Derzeit sind das 1800 Euro. Nur das darüber liegende Einkommen wird für die Unterhaltsverpflichtung in Anspruch genommen. Und das auch nicht voll, sondern nur zur Hälfte.
Beispiel: Von einem bereinigten Einkommen von 3200 Euro netto im Monat werden zunächst 1800 Euro als Selbstbehalt abgezogen. Es bleiben 1400 Euro. Und davon die Hälfte muss als Elternunterhalt, in dem Beispielsfall also 700 Euro, gezahlt werden.
Auch eigenes Vermögen müssen die Kinder gegebenenfalls anbrechen, um den Elternunterhalt zu bezahlen. Hier gibt es komplizierte Regelungen dazu, welches Vermögen sie dafür nicht antasten müssen, das sogenannte Schonvermögen. Das sollte mit einem Fachmann besprochen werden.
Und wenn die Finanzen der Kinder nicht ausreichen?
Dann springt die öffentliche Hand, sprich der Steuerzahler für die Kosten ein. Genauer: Die Kommunen über ihre Sozialleistungen. Diese treten ohnehin vielfach in Vorkasse bei der Zahlung der Heimkosten und holen sich dann später über einen Rückgriff das Geld von den unterhaltspflichtigen Kindern zurück.
Gibt es einen schlauen Trick zur Umgehung der Regeln?
Manch ein Pflegebedürftiger könnte auf die Idee kommen: Ich schließe einen Vertrag mit meinem Kind, dass ich auf den Unterhaltsanspruch verzichte. Dann wird’s der Steuerzahler schon richten. Doch eine solche Vereinbarung zu Lasten der öffentlichen Hand wäre unwirksam.