Türkei stoppt erneut Flugzeug nach Syrien
Istanbul/Luxemburg (dpa) - Die Türkei hat binnen weniger Tage zum zweiten Mal ein Passagierflugzeug auf dem Weg nach Syrien gestoppt, um Waffenlieferungen an das Regime in Damaskus zu unterbinden.
Das in der armenischen Hauptstadt Eriwan mit Ziel Aleppo gestartete Flugzeug durfte nach einer Überprüfung der Ladung auf dem türkischen Flughafen Erzurum weiterfliegen, wie türkische Fernsehsender berichteten. Die Europäische Union erklärte sich solidarisch mit der Türkei, mahnte Ankara aber zur Besonnenheit. Die Vereinten Nationen gehen inzwischen davon aus, dass der Konflikt in Syrien in den vergangenen gut eineinhalb Jahren mindestens 30 000 Menschen das Leben gekostet hat.
Die EU-Außenminister zeigten sich in Luxemburg „zutiefst besorgt über den zunehmenden Zustrom von Waffen nach Syrien“. In einer Erklärung forderten sie alle Staaten auf, „auf die Lieferung von Waffen in das Land zu verzichten“.
Waffenlieferungen für syrische Rebellen fallen nach einem Bericht der „New York Times“ häufig in falsche Hände. Die meisten Transporte leichter Waffen aus Saudi-Arabien und Katar gingen an islamistische Gruppierungen und nicht an westlich ausgerichtete Oppositionelle, schreibt die Zeitung unter Berufung auf US-Regierungsbeamte und Diplomaten im Nahen Osten.
Die EU-Außenminister verstärkten ihre bisherigen Sanktionen gegen Syrien. Sie verhängten Einreiseverbote für 28 Führungspersonen des Regimes. Zugleich wurden die Vermögen dieser Personen in der EU eingefroren. Bisher galt schon für 155 Syrer ein Einreiseverbot. Außerdem wurden zwei Unternehmen auf eine schwarze Liste gesetzt: Firmen oder Behörden der EU dürfen mit ihnen keinerlei Geschäfte mehr machen. Bisher befanden sich 53 Namen auf dieser Liste.
Der Syrien-Vermittler der Vereinten Nationen, Lakhdar Brahimi, bemühte sich, die Unterstützer von Präsident Baschar al-Assad zu einem Kurswechsel zu bewegen. Am Montag sprach der algerische Diplomat in Bagdad mit dem irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki. Am Sonntag hatte er die iranische Führung um Hilfe bei der Durchsetzung einer Waffenruhe in Syrien gebeten. „Lakhdar Brahimi hat an die iranischen Verantwortlichen appelliert, dabei zu helfen, während des islamischen Opferfestes eine Waffenruhe in Syrien zu erreichen“, erklärte sein Sprecher Ahmed Fawzi. Das Opferfest beginnt in einigen Ländern am 25. Oktober, in anderen einen Tag später.
Das syrische Regime, das von bewaffneten Revolutionären bedrängt wird, erhält vor allem vom Iran, von Russland und von der irakischen Zentralregierung Unterstützung. Die Regierung der kurdischen Autonomieregion im Nordirak steht dagegen eher auf der Seite der Revolutionäre.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle unterstütze die Türkei am Montag im Konflikt mit Syrien. Die Türkei müsse es nicht dulden, dass über türkischem Hoheitsgebiet, durch türkischen Luftraum, Waffen oder rüstungsrelevante Güter nach Syrien transportiert werden, sagte Westerwelle in Luxemburg.
Die Türkei hatte in der vergangenen Woche bereits eine syrische Maschine zur Landung gezwungen, die auf einem Flug aus Russland Teile für Radaranlagen an Bord hatte. Armenien erklärte, der Stopp der armenischen Maschine am Montag sei aber abgesprochen gewesen.
Nach einem tödlichen syrischen Granatangriff auf ein türkisches Dorf verschlechterten sich die weitgehend auf Eis gelegten Beziehungen Ankaras mit Damaskus weiter. Beide Länder haben ihren Luftraum für Maschinen des anderen Landes gesperrt. Die Türkei reagiert auf Angriffe aus Syrien mit Granatfeuer auf mit Radar erkannte Ziele jenseits der Grenze.
Regimegegner meldeten indes in Damaskus, am Montag sei in 10 der 14 syrischen Provinzen gekämpft worden. Die Armee habe zum Teil Kampfjets eingesetzt sowie Hubschrauber, aus denen mit Sprengstoff gefüllte Fässer abgeworfen wurden. Die Aktivisten erklärten, landesweit seien 30 Menschen von den Regierungstruppen getötet worden, darunter fünf Kurden, die auf der Straße zwischen Aleppo und Afrin von einem Hubschrauber aus beschossen worden seien. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, am Vortag hätten die Regierungstruppen in der Provinz Idlib Raketen-Batterien der „Terroristen“ zerstört.
Den Vereinten Nationen droht bei der Hilfe für Flüchtlinge und Zivilisten in Syrien das Geld auszugehen. Die beiden Programme für die Menschen in dem Bürgerkriegsland und die Flüchtlinge in den Nachbarstaaten seien weit unterfinanziert, hieß es am Montag aus dem Büro von UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos in New York.