Ukraine droht Boykott der Fußball-EM

Kanzlerin Merkel fordert Timoschenkos Freilassung. Uli Hoeneß ermuntert Nationalspieler zum Protest.

Berlin/Kiew. Die Fußball-Europameisterschaft droht für Gastgeber Ukraine wegen des Umgangs mit der inhaftierten Politikerin Julia Timoschenko (51) zu einem diplomatischen Fiasko zu werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwägt einen politischen Boykott. Sollte die in der Haft erkrankte Oppositionsführerin nicht freigelassen werden, will Merkel ihren Ministern laut „Spiegel“ empfehlen, den Spielen in der Ukraine fernzubleiben. Das Land trägt gemeinsam mit Polen die am 8. Juni beginnende Fußball-EM aus.

Merkel hatte in einem Interview den Umgang mit der früheren ukrainischen Regierungschefin scharf kritisiert und deren Behandlung in einem Krankenhaus in Deutschland befürwortet. Dies stieß am Wochenende auf Empörung bei der Regierungspartei in Kiew.

Die Kanzlerin habe offenbar für einen Moment vergessen, dass sie die Bundesrepublik und nicht die Ukraine regiere, sagte Wassili Kisseljow von der Partei der Regionen.

Bayern-München-Präsident Uli Hoeneß ermutigte die deutschen Nationalspieler, ihre Solidarität mit ukrainischen Regierungskritikern zu bekunden. „Sie würden damit Größe zeigen“, sagte Hoeneß dem „Spiegel“. „Ich hätte Respekt vor jedem Spieler, der öffentlich Stellung zu diesem Thema bezieht.“

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) plädierte als erstes Kabinettsmitglied offen für einen Boykott. „Es muss unbedingt verhindert werden, dass das ukrainische Regime die EM zur Aufwertung seiner Diktatur nutzt“, sagte er der „Bild“. „Deshalb finde ich, dass Besuche von Ministern und Ministerpräsidenten zur EM nach jetzigem Stand nicht infrage kommen.“ dpa/Red