Unions-Fraktion steuert auf einen Machtkampf zu

Volker Kauder wird sein Amt streitig gemacht. Sein Stellvertreter Ralph Brinkhaus fordert ihn heraus.

Unions-Fraktion steuert auf einen Machtkampf zu
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Berlin. In der Union schweigen viele im Moment lieber. Noch ist zu unklar, welche Dimension der Machtkampf erlangen wird. Wer sich zu früh auf die eine oder andere Seite schlägt, könnte es bereuen. Volker Kauder (69), seit gut 13 Jahren Fraktionschef und Vertrauter von Kanzlerin Merkel, wird das Amt streitig gemacht. Sein Stellvertreter Ralph Brinkhaus (50) fordert ihn heraus.

Das hat Brinkhaus nun unmissverständlich klar gemacht. Er kandidiere, „weil ich glaube, dass die Fraktion neue Impulse braucht, um die kommenden drei Jahre erfolgreich zu gestalten“, ließ er wissen. Ein ungewöhnlicher Vorgang, vor allem in der Union. Das Gerücht, dass Brinkhaus antreten würde, hielt sich schon länger. Für Verstimmung in der Fraktionsführung soll gesorgt haben, dass der Westfale auch in Gesprächen mit Kauder seine Kandidatur nicht offen erklärte. Erst jetzt. Das hat einen Grund: Am Donnerstag ist der Fraktionsvorstand zur zweitägigen Klausur nach der Sommerpause zusammengekommen. Angela Merkel ist dabei. „Da wäre die Frage aufgekommen, was jetzt ist“, so einer aus dem Gremium. Deshalb Brinkhaus’ Offensive.

Brinkhaus ist ein stets freundlicher Abgeordneter aus Gütersloh. Fachlich ist der Finanz- und Haushaltsexperte unumstritten; er ist weder lupenreiner „Merkelianer“ noch gehört er zu der Unions-Gruppe, die die Regierungschefin kritisch sieht. Dem Vernehmen nach suchte Brinkhaus bereits das Gespräch mit Merkel über seine Kandidatur, bei dem sie ihm aber eine Abfuhr erteilt haben soll. Die CDU-Chefin setzt weiterhin auf Kauder und will ihn erneut vorschlagen. Kein Wunder, er ist Teil ihres Machtapparats. Auf Kauder kann sich Merkel verlassen.

Darin wiederum könnte eine Chance für Brinkhaus liegen. Kauder wird vorgeworfen, er sei zu „merkelhörig“. Auch gibt es Unmut über seinen Stil. Vor allem junge Abgeordnete sind unzufrieden. Der Mann aus Baden-Württemberg hatte zuletzt Mühe, seine Fraktion auf Linie zu halten, sei es bei den Abstimmungen über die Griechenlandhilfen oder im Streit um die Flüchtlingspolitik, der fast zum Bruch der Fraktionsgemeinschaft mit der CSU geführt hätte. Die Neuwahl des Vorsitzenden erfolgt am 25. September. Es wird geheim gewählt. Also könnte manch einer versucht sein, Kauder eins auszuwischen. Schon bei seiner Wahl 2017 bekam er nur 180 der 239 abgegebenen Stimmen.

Insider glauben, dass Brinkhaus’ Kandidatur ein Zeichen dafür ist, dass die Unzufriedenheit mit der Kanzlerin in der Mitte der Partei angekommen ist. In der Führung gibt man sich freilich betont gelassen. Vor den bevorstehenden Landtagswahlen in Hessen und Bayern werde die Fraktion ein geschlossenes Bild abgeben, heißt es. Vielen stecke der Streit um die Flüchtlingspolitik in den Knochen. „Es gibt ein Bedürfnis nach Ruhe.“ Prominente Fürsprecher hat Brinkhaus noch nicht. Auch nicht in seinem Landesverband NRW.

Kauder kann sich hingegen auf seine Leute verlassen. „Ich unterstütze Volker Kauder“, so der Chef der einflussreichen Landesgruppe Baden-Württemberg, Andreas Jung, zu unserer Redaktion. „In der derzeit schwierigen politischen Situation kommt seiner Fähigkeit zur Integration unterschiedlicher Positionen besondere Bedeutung zu.“ Außerdem sei man „durch neue Köpfe am Kabinettstisch, als Staatssekretäre und bei den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden“ bei der notwendigen Erneuerung auf einem guten Weg.