USA haben die Bundestagswahl nicht auf dem Radar
In Washington wird davon ausgegangen, dass Kanzlerin Merkel im Amt bleibt.
Washington. Noch keine zwei Jahre ist es her, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den US-Zeitungslesern ständig von den Titelseiten entgegenstrahlte. Damals galt die Schuldenkrise in der Eurozone als akute Bedrohung für die Weltwirtschaft und Merkel als Frau, die das Schicksal der Währung in ihren Händen hielt.
Mittlerweile ist Europa wieder in ruhigerem Fahrwasser, die Kanzlerin ist aus der öffentlichen Wahrnehmung in den USA verschwunden. Dass es gerade um ihre Wiederwahl geht und ein Peer Steinbrück von der SPD sie ablösen möchte, wissen allenfalls Deutschland-Kenner.
„Das Interesse an der Wahl ist minimal“, sagt Transatlantik-Experte Tyson Barker von der Bertelsmann-Stiftung in Washington. Auch innerhalb der Regierung von Präsident Barack Obama sei die Anteilnahme gering, weil kein Politikwechsel erwartet werde.
Wenn die USA alle vier Jahre einen neuen Präsidenten küren, steigt in Deutschland die Aufmerksamkeit für die Ereignisse auf der anderen Seite des Atlantiks schon während der Vorwahlen an. Vielleicht zieht der personalisierte US-Wahlkampf mit Hang zum Spektakel die Menschen leichter in den Bann als das viel kürzere und nüchterne politische Kräftemessen in der Bundesrepublik.
Die „Washington Post“ stellte erstaunt fest, wie gemächlich der deutsche Wahlkampf daherkomme. Merkel mache vor dem Urnengang drei Wochen Urlaub, im Fernsehen liefen kaum Wahlwerbespots, politische Attacken zielten nie unter die Gürtellinie. Und das Wahlkampfbudget deutscher Parteien wäre für Obama und Herausforderer Mitt Romney 2012 allenfalls „Wechselgeld“ gewesen.
Ansonsten findet die Bundestagswahl in den US-Medien praktisch keinen Widerhall. Dabei hat ein Streitthema direkt mit den USA zu tun: Die Opposition wirft Merkels Regierung vor, die Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA unter den Tisch zu kehren.
Die Zeit, da das geteilte Deutschland als Brennpunkt im Kalten Krieg die Aufmerksamkeit der USA bei Wahlen auf sich zog, ist seit einem Vierteljahrhundert vorbei.