Bundestagswahl 2021 So lief das erste TV-Triell mit Laschet, Scholz und Baerbock

Berlin · Es war ein Abend, der Anhänger wie Gegner in ihrem Urteil über die Kandidaten bestätigt haben dürfte. Keine Patzer, kein erregtes Wortgefecht, keine K.o.-Schläge: Der Wahlkampf bleibt weiter spannend.

Es bleibt weiter spannend im Wahlkampf.

Foto: obs/Jörg Carstensen

Für Olaf Scholz (SPD) ist dies ein erfreulicher Befund, befindet er sich doch gerade im Stimmungshoch. Unionskandidat Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock von den Grünen standen vor einer ungleich schwierigeren Aufgabe. Ihre Zustimmungswerte sind implodiert, die Zweifel an ihrer Kanzlertauglichkeit gestiegen. Sie brauchen eine Trendwende, dringend. Laschet und Baerbock gaben sich denn auch deutlich angriffslustiger als Scholz.

Der CDU-Chef kam nicht umhin, seine aktuelle Bedrängnis auf der Dreikampf-Bühne zu thematisieren - ein wenig hörte es sich so an, als spräche Laschet sich und seiner verunsicherten Partei Mut zu. "Gegenwind habe ich immer wieder gespürt, auch jetzt", sagte er. "In solchen Momenten brauchen wir Standhaftigkeit, Verlässlichkeit und einen inneren Kompass. Das ist mein Angebot."

Um Angebote an die Wähler bemühten sich alle drei - schließlich sind solche TV-Formate gute Gelegenheiten für Kandidaten, Machtwillen und Gestaltungsanspruch zu demonstrieren und in griffige Schlagworte zu fassen. Laschet empfahl sich als Mann für "Stabilität und Verlässlichkeit." Baerbock versprach: "Ich will einen echten Aufbruch." Und Scholz beschwor "Solidarität und Zusammenhalt".

Fast wirkte es so, als hätten sich die Kanzleramtsanwärter vor ihrem Auftritt auf einen gemeinsamen Grundsatz verständigt: Ernste Zeiten erfordern ernste Kandidaten. Mit nüchterner Disziplin arbeiteten sie sich durch die Kernpunkte ihrer Parteiprogramme.

Die Erkenntnisse nach 110 Minuten TV-Dreikampf: Alle drei wollen den Klimaschutz verbessern, Baerbock allerdings noch etwas schneller und umfassender als Laschet und Scholz. Baerbock will dabei auch auf Verbotsmaßnahmen setzen - etwa auf ein Ende des Verbrennermotors. Laschet und Scholz wollen keine Verbote.

Soziale Gerechtigkeit? Baerbock und Scholz wollen die Wohlhabenden stärker zur Kasse bitten, Laschet lehnt Steuererhöhungen ab. Innere Sicherheit? Alle drei wollen die Polizei besser ausstatten. Afghanistan? Schlimm gelaufen, finden alle drei - wobei Laschet so weit geht, die Ereignisse am Hindukusch auch als "Desaster der Bundesregierung" zu bezeichnen, die ja immerhin von seiner CDU geführt wird.

Eine weitere Erkenntnis: Auf persönliche Angriffe verzichteten die drei Kanzlerkandidaten. Die ausdrückliche Ermunterung des Moderatorenduos Peter Kloeppel und Pinar Atalay, den Gegnern die Kanzlertauglichkeit abzusprechen, blockten alle drei ab. "Das wäre schlechter Stil", befand der Hanseat Scholz kühl.

Dafür erfuhren die Zuschauer aber, was die Kandidaten an ihren Kontrahenten gut finden. Scholz über Baerbock: "Frau Baerbock ist eine ganz engagierte Politikerin, das merkt man auch heute Abend." Baerbock über Laschet: "Ich mag, dass man sich in der Sache hart streiten kann". Laschet über Scholz: "Er hat unter der Führung von Angela Merkel einen ordentlichen Job gemacht."

Strittigstes Thema der Debatte war die Frage nach einem möglichen Bündnis von SPD und Grünen mit der Linkspartei. Angesichts aktueller Umfragen wäre ein rot-rot-grünes Bündnis derzeit denkbar - und die Union wird in den kommenden Wochen keine Gelegenheit auslassen, vor einem Linksbündnis zu warnen.

Immer wieder versuchte Laschet, den SPD-Kandidaten zu einer klaren Absage an eine Koalition mit der Linken zu bewegen. Scholz wich dem Thema aber aus. "Sie eiern und reden", entgegnete Laschet.

Bleibt die Frage: Wer hat gewonnen? Eine Forsa-Blitzumfrage unter 2500 Zuschauern im Auftrag von RTL und ntv sah Scholz vorne: 36 Prozent fanden, der SPD-Kandidat habe "alles in allem gewonnen". 30 Prozent votierten für Baerbock, 25 Prozent für Laschet.

(AFP)