Impfkampagne und Konjunkturpaket Warum Bidens Start so glänzend ist

Washington · Joe Biden hat einen erfolgreichen Start hingelegt. Das hat im Wesentlichen zwei Gründe.

 Joe Biden hat einen glänzenden Start hingelegt.

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Erst acht Wochen sind vergangen, seit Joe Biden als 46. Präsident der USA vereidigt wurde. Was dem 78-Jährigen in diesen zwei Monaten gelungen ist, verdient es, als glänzender Start bezeichnet zu werden. Nicht nur die Impfkampagne im Kampf gegen Corona läuft überaus erfolgreich. Der Demokrat Biden hat es auch geschafft, das mit 1,9 Billionen Dollar größte Konjunkturprogramm in der US-Geschichte durch beide Kammern des Parlamentes zu bringen, obwohl kein einziger Republikaner dafür gestimmt hat. Während die Opposition also in Treue fest zu ihrem Ex-Präsidenten Donald Trump steht, finden drei Viertel der Amerikaner die Politik Bidens großartig.

Dabei schien das Land insbesondere im Umgang mit der Pandemie heillos überfordert. Schreckliche Bilder von überfüllten Krankenhäusern und Containern mit Leichen vor den Kliniken gingen im Frühjahr 2020 um die Welt. Mit aktuell etwa 535 000 Corona-Toten belegen die USA einen traurigen Spitzenplatz. 158 Amerikaner je 100 000 Einwohner sind an oder mit Covid-19 gestorben. In Deutschland liegt die Zahl nur halb so hoch.

Dennoch hat sich die Wahrnehmung verändert. Denn in den Vereinigten Staaten läuft seit Monaten eine erfolgreiche Impfkampagne. 21 Prozent aller US-Bürger haben mindestens eine Spritze erhalten, mehr als elf Prozent genießen bereits den vollen Impfschutz. In Deutschland sind es gerade mal 3,5 Prozent. Präsident Biden hat versprochen, dass bis Ende Mai alle Amerikaner, die geimpft werden möchten, tatsächlich versorgt sein werden. Kanzlerin Angela Merkel hat das den Bundesbürgern für September in Aussicht gestellt. Und während die Zweifel an dieser Zusage hierzulande wachsen, dominiert drüben die Zuversicht.

Joe Biden spricht davon, dass die Amerikaner den Unabhängigkeitstag am 4. Juli unbeschwert mit Familie und Freunden feiern können. „Das wird der Beginn der Unabhängigkeit von diesem Virus“, sagt der Präsident. Und die Menschen glauben ihm.

Aber wie kann das sein? Warum ist Amerika beim Impfen so erfolgreich? Es mag absurd klingen, aber der entscheidende Grund liegt vermutlich darin, dass das US-Gesundheitssystem in vielen Bereichen veraltet und wenig leistungsfähig ist. Die Amerikaner sind es deshalb gewohnt zu improvisieren, nach einfachen Lösungen zu suchen. Sie handeln, auch wenn keine Vorschrift ihnen dabei Sicherheit verleiht. Geimpft wird nicht nur in Kliniken und Arztpraxen, sondern auch in Rathäusern und Stadien, in Supermärkten und in Autos auf Parkplätzen. Mal mit, mal ohne Termin. Wer mit einer Spritze umgehen kann, darf impfen. Dazu gehören Tierärzte, Hebammen und Pfleger.

Präsident Biden fordert die Amerikaner unablässig auf, sich zu beteiligen: „Lasst euch impfen, wir machen es möglich.“ Inzwischen gelten nur noch rund 15 Prozent der US-Bürger als Impfgegner.

Dass ausreichend Vakzine vorhanden sind, verdankt Biden seinem Vorgänger Trump. Denn der hat im Sommer 2020 entschieden, so viel Impfstoff wie nur möglich zu kaufen. Und Trump hat verfügt, dass in den USA produzierte Corona-Impfstoffe zuerst Amerikanern zugutekommen. Der Export ist untersagt. America First also. Unter Biden gilt diese Regel weiterhin. Der Impfnationalismus geht sogar so weit, dass die US-Regierung rund 30 Millionen Dosen des umstrittenen Impfstoffes von Astrazeneca gelagert hat, obwohl das Vakzin in den USA noch gar nicht zugelassen ist und in anderen Ländern dringend gebraucht wird.

Neben der Impfkampagne begeistert viele US-Bürger, dass Biden das im Wahlkampf versprochene Corona-Hilfsprogramm so schnell auf den Weg bringen konnte. Mit Ausnahme der Top-Verdiener erhält jeder Amerikaner einen Scheck in Höhe von 1400 Dollar zur freien Verfügung. Davon profitieren etwa 85 Prozent aller US-Haushalte. Hinzu kommt die Aufstockung des Arbeitslosengeldes, außerdem ein Kindergeld, das erstmals in den USA gezahlt wird.

Der gewaltige und mittels Schulden gefüllte Corona-Topf fließt aber nicht nur direkt an die Menschen. Präsident Biden investiert auch in die Infrastruktur, modernisiert und erneuert unter anderem Schulen, Krankenhäuser, Straßen und den öffentlichen Nahverkehr. Konjunkturexperten halten es für möglich, dass die US-Wirtschaft wegen dieser Impulse und wegen der schnellen Impfungen um sieben Prozent wachsen könnte – das wäre der höchste Wert seit fast 40 Jahren. Nutzen können daraus auch hiesige Unternehmen und deren Mitarbeiter ziehen. Immerhin fast zehn Prozent aller deutschen Ausfuhren gehen in die USA.