Anwälte bekommen Konkurrenz
Gesetzesänderung: Ab dem 1. Juli dürfen auch Banken, Werkstätten und Interessenvereinigungen rechtliche Beratungen anbieten.
Düsseldorf. Zum 1. Juli wird sich der deutsche Rechtsberatungsmarkt verändern - allerdings weniger deutlich, als zunächst von der Anwaltschaft befürchtet. "Die Revolution ist ausgeblieben", meint der Hamburger Rechtsanwalt und Fachautor Volker Römermann zum neuen Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG).
Es löst das aus dem Dritten Reich stammende, inzwischen 72 Jahre alte Rechtsberatungsgesetz ab. Verbraucher können mit dem RDG kostengünstigere oder gar kostenlose Rechtsberatung erhalten - also Unterstützung ausschließlich im außergerichtlichen Bereich. Manchmal allerdings mit dem Risiko, bei Fehlberatung auf dem Schaden sitzenzubleiben.
Kostenlose Rechtsdienstleistungen dürfen dann etwa gegenüber Familienangehörigen, Nachbarn oder innerhalb einer ähnlich engen persönlichen Beziehung erbracht werden, wozu aber eine individuelle Beratung im Internet-Chatroom nicht gehören dürfte.
Als Rechtsdienstleistung gilt künftig "jede Tätigkeit in konkreten, fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert", so der Gesetzeswortlaut (§ 2 RDG). Während Rechtsanwälte eine Berufshaftpflichtversicherung nachweisen müssen, die bei Fehlberatungen für den Schaden aufkommt, ist dies bei den unentgeltlich tätigen Rechtsberatern nicht nötig. Man habe gemeinnützige Organisationen nicht mit Kosten belasten wollen, so der Gesetzgeber.
Ist im Schadensfall bei der Organisation nichts zu holen, geht der Beratungssuchende also leer aus.
Auch sind bald Rechtsberatungen erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild eines anderen Berufs gehören (§5 RDG). Der Architekt berät beispielsweise den Bauherren. Drei Bereiche werden ausdrücklich genannt: Die Testamentsvollstreckung wird künftig auch Banken gestattet sein.
Haus- und Wohnungsverwalter dürfen künftig das weite Feld dieses Rechtsgebiets beackern. Weitere Konkurrenz bekommen die rund 147000 in Deutschland zugelassenen Anwälte überdies von Interessenvereinigungen, wie etwa Automobilclubs.
"Auch der ADAC wird die neuen Möglichkeiten nutzen", sagt Rechtsanwalt Markus Schäpe von der Juristischen Zentrale des Automobilclubs. Eine wesentliche Erweiterung des Beratungssystems ist dabei wohl nicht erforderlich: 750 Vertragsanwälte leisten bereits jetzt Erstberatungen für Mitglieder. "Die jetzt erlaubten Rechtsdienstleistungen sehe ich nicht als Bedrohung", sagt Rechtsanwalt Frank Johnigk.
Ebenfalls neu ab 1. Juli: Mandanten dürfen mit Anwälten Erfolgshonorare vereinbaren. Damit bekommen die Prozessfinanzierer anwaltliche Konkurrenz. Denn das Prinzip ist ähnlich: Immer dann, wenn der Mandant es sich nicht hätte leisten können, Ansprüche geltend zu machen, darf jetzt ein vom Erfolg abhängiges Honorar vereinbart werden.
Um die Unerfahrenheit von Mandanten nicht auszunutzen, sind Anwälte verpflichtet, in der Honorarvereinbarung anzugeben, wie hoch ihre reguläre Vergütung gewesen wäre, wenn man kein Erfolgshonorar vereinbart hätte.