Große Reise, großes Risiko? Ausbildung und Haftung von Jugendgruppenleitern

Stuttgart/Bielefeld (dpa/tmn) — Wenn aus Kindern Jugendliche werden, wollen viele gar nicht mehr mit Mama und Papa in Urlaub fahren - sondern lieber mit einer Jugendfreizeit. Anbieter solcher betreuten Reisen gibt es in Deutschland etliche.

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Und damit sich die Eltern um die Kinder nicht sorgen müssen, werden die Reisen von meist ehrenamtlichen Jugendfreizeitleitern begleitet. Ehrenamt heißt dabei aber nicht, dass die Betreuer nicht gut ausgebildet sind. „Unsere Betreuer haben alle die Jugendleiter-Card“, sagt Stephan Kelm vom Jugendwerk der AWO Württemberg. Die AWO ist der Jugendverband der Arbeiterwohlfahrt und einer der größten Veranstalter von Jugendfreizeiten in Deutschland. Die Jugendleiter-Card oder kurz Juleica ist der bundesweit einheitliche Ausweis für ehrenamtliche Mitarbeiter in der Jugendarbeit.

Jeder Inhaber einer Juleica hat eine Standard-Ausbildung absolviert. Hinzu kommt bei der AWO, so wie bei den meisten Reiseveranstaltern, noch eine eigene Ausbildung: Neue Ehrenamtliche absolvieren an zwei Wochenenden eine zusätzliche Jugendleiterschulung und einen Erste-Hilfe-Kurs. Da bei der AWO auch jüngere Kinder mitfahren, die manchmal erst sechs oder sieben Jahre alt sind, sind Vorsicht und Erfahrung besonders wichtig.

Bei Fahrten, an denen etwas ältere Jugendliche teilnehmen, ist vor allem ein Thema relevant: Alkoholkonsum. „Das ist eines der Hauptprobleme dieser Jugendfahrten“, sagt Sven-Wulf Schöller, Fachanwalt für Versicherungsrecht aus Erlangen. Jemand trinkt zu viel, dann passiert ein Unfall. Jugendliche ab 16 Jahren dürfen in Deutschland Wein, Bier und Schaumwein kaufen und konsumieren.

Gehen die Reisen in Länder, in denen schärfere Bestimmungen gelten, müssen sich die Gruppenleiter jedoch an die Regelungen des jeweiligen Landes halten - und den Alkoholkonsum gegebenenfalls verbieten. „Das ist ein schmaler Grat“, sagt Kristina Oehler, Prokuristin bei Ruf Jugendreisen. Denn einige Jugendliche seien von zu Hause gewohnt, bereits etwas trinken zu dürfen. „Dann fahren sie nach Spanien und denken, da wartet das blühende Leben und dann heißt es: geht nicht.“

Auch bei Ruf durchlaufen die Betreuer neben der Jugendleiter-Card eine zusätzliche fünftägige Schulung, bei denen ihnen alles zum Thema Jugendschutz und Umgang mit Gefahren vermittelt wird. Eine der wichtigsten Grundlagen dabei: Jugendleiter haben die Aufsichtspflicht. Sie müssen also dafür sorgen, dass den Kindern nichts passiert. „Man versucht natürlich, die Schäden zu verhindern, indem man sie für Gefahren sensibilisiert und aufpasst, dass sie keinen Blödsinn machen“ sagt Kelm. „Aber natürlich kann auch mal etwas schiefgehen.“

Handelt es sich bei Schäden nicht um Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit, zahlen gängige Versicherungen wie die Haftpflicht die Schäden. Richtet ein Betreuer vorsätzlich Schaden an, zahlen Versicherungen jedoch nicht. „Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haften die Jugendgruppenleiter und kommen da auch nicht raus“, sagt Versicherungsrechtler Sven-Wulf Schöller.