Bundesrichter entscheiden über „herrenloses“ Zahngold
Erfurt (dpa) - Über einen Fall von Störung der Totenruhe in einem Hamburger Krematorium entscheidet heute das Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Die Friedhöfe der Hansestadt streiten mit einem früheren Mitarbeiter über Schadenersatz in Höhe von rund 250 000 Euro.
Der heute 56-Jährige hatte zwischen 2003 und 2011 gemeinsam mit seiner mittlerweile gestorbenen Frau und weiteren Beteiligten hundertfach Zahngold und andere wertvolle Metalle nach der Einäscherung von Toten an sich genommen und verkauft. Insgesamt kamen in nur acht Jahren mehr als 31 Kilogramm Gold zusammen - der Schaden, den die Friedhöfe nun einfordern.
Strittig ist in dem Verfahren, ob die Edelmetalle von Verstorbenen „herrenlos“ geworden sind und damit niemandem mehr gehören. Dies ist zumindest der aktuellen Rechtsprechung zu entnehmen. Daher war der Mann auch nicht wegen Diebstahls, sondern wegen Störung der Totenruhe und „Verwahrungsbruch“ strafrechtlich angeklagt worden - neben dem jetzigen arbeitsrechtlichen Prozess.
Der ehemalige Bediener der Einäscherungsanlage des Krematoriums in Hamburg-Öjendorf war von seinem Arbeitgeber bereits 2005 schriftlich darauf hingewiesen worden, keinen Schmuck oder Zahngold aus der Asche der Gestorbenen an sich zu nehmen. Als er es dennoch tat, wurde ihm fristlos gekündigt.
Der Mann argumentiert, er verletzte kein Eigentum, da das Zahngold mit der Verbrennung herrenlos geworden sei. Das Krematorium geht hingegen davon aus, dass es die Wertgegenstände nach der Verbrennung verwahren und verwerten durfte. Die durch den Verkauf eingenommenen Gelder seien gespendet worden, sagte Bundesarbeitsgerichtssprecher Waldemar Reinfelder.
Die Klage der Hamburger Friedhöfe war zunächst abgewiesen worden. Das Landesarbeitsgericht Hamburg war den Argumenten der Stadt Hamburg gefolgt.