Der Knigge sagt „Ja“ zu nackten Beinen im Büro

Die Benimm-Experten haben im Zuge des Klimawandels die Vorschriften gelockert.

Düsseldorf. Frauen, die ohne Nylon-Strümpfe ins Büro gehen. Männer, die ihre Krawatte an den Haken hängen, dafür aber in kurzer Hose am Schreibtisch sitzen — früher waren für die Knigge-Gesellschaft die Kleiderordnung heilig und Verstöße dieser Art inakzeptable Fauxpas’. Doch in diesem Sommer wird alles anders. Die Benimm-Experten haben einer Lockerung der Business-Kleiderordnung zugestimmt.

Als Grund für den plötzlichen Sinneswandel gibt der Vorsitzende der Knigge-Gesellschaft, Michael Klein, klimatische Veränderungen an: „Es ist unmenschlich, jemanden bei 42 Grad schwitzen zu lassen.“ Zudem habe der Schritt hin zur luftigen Kleidung auch ökologische Aspekte: „Wenn die Mitarbeiter nicht schwitzen müssen, können Klimaanlagen sparsamer eingestellt werden“, sagt Klein. In Japan seien Jacketts im Büro sogar verboten.

Sobald der Mitarbeiter allerdings Kundenkontakt hat, ist bei den Knigge-Experten schluss mit luftig, dann müssen Jackett und Krawatte wieder an den Mann. Letztlich gebe die Gesellschaft ohnehin nur Empfehlungen, das letzte Wort habe der Chef.

Ob luftig oder nicht, mit stilistischen Festlegungen kommt man heute nicht mehr weit, meint Gerd Müller-Thomkins, Geschäftsführer des Deutschen Mode-Instituts in Köln: „Ich beobachte seit etwa 15 Jahren, dass es im Firmenalltag so etwas wie ,Corporate Fashion’ gibt.“ Die allgemeine Kleiderordnung habe sich gelockert. Was getragen werden darf, ist mehr von der Branche abhängig. Ob Mann im Anzug mit kurzer Bügelfaltenhose kommen darf, hängt also vom Job ab.