Lernen mit Computern lässt in Deutschland zu wünschen übrig
Berlin (dpa) - Zu wenig Computer, veraltete Geräte und kaum Berücksichtigung der Neuen Medien in den Lerninhalten: In Deutschland erwerben Schüler Computer-Kenntnisse „trotz Schule“ - zeigt eine weltweite Studie.
Achtklässler in Deutschland liegen mit ihren Computer-Kompetenzen im internationalen Mittelfeld. Jedoch gibt es weit weniger Spitzenschüler als in vielen anderen Industrienationen, dafür mehr Jugendliche mit nur geringsten PC-Kenntnissen. Das zeigt die am Donnerstag (20. November) in Berlin vorgestellte ICILS-Studie, die die Kenntnisse von 12- bis 13-jährigen Jugendlichen in 24 Staaten vergleicht. Und deutlich stärker als in vielen anderen Ländern sind in Deutschland die Fähigkeiten der Schüler im Umgang mit Neuen Medien von ihrer sozialen Herkunft abhängig.
Harsche Kritik üben die Schulforscher Wilfried Bos (Dortmund) und Birgit Eickelmann (Paderborn) an einer veralteten Computer-Ausstattung in den Schulen. Fast jeder zweite Lehrer klagt über unzureichenden Internetzugang und instabile Verbindungen. Im Bundesschnitt müssen sich 11,5 Schüler einen PC in der Klasse teilen - wie schon bei einer Vorläufererhebung im Jahr 2006. Es gebe zu wenig Tablets oder andere mobile Geräte. Zudem spielten in vielen Fachlehrplänen Neue Medien noch kaum eine Rolle. Bos: „Hierzulande lernen Schüler den Umgang mit Computern trotz Schule.“
Deutlich besser als die Achtklässler aus Deutschland schnitten Gleichaltrige aus der Tschechischen Republik, Kanada, Australien, Dänemark, Polen, Norwegen, Korea und den Niederlanden ab. Leistungsschlusslichter bei der Studie sind Thailand und die Türkei. In Deutschland hatten sich bei dem 2013 durchgeführten Test 142 Schulen beteiligt. Einen Bundesländervergleich wird es nicht geben.
Deutschland, die Schweiz und die Niederlande sind laut Aussage von Eickelmann die einzigen Staaten, in denen der regelmäßige Einsatz Neuer Medien im Unterricht nicht zu verbesserten Fachkompetenzen der Schüler führt. Computer würden vor allem zur Informationsbeschaffung eingesetzt, es werde zu wenig „kompetenzorientiert und fachübergreifend gearbeitet“, kritisierte Bos.
Zugleich äußert der Großteil der Lehrer die Sorge, dass der Computereinsatz die Schüler lediglich zum Kopieren von Quellen animiert, Inhalte aus dem Internet nur unreflektiert aufgegriffen und nicht in Verbindung mit anderen Darstellungen gesetzt werden. In keinem Teilnehmerland wird von Lehrern darüber so häufig geklagt wie in Deutschland. Gleichwohl zeigt sich laut Befragung die Mehrzahl der deutschen Lehrer „durchaus aufgeschlossen“ gegenüber dem Einsatz von Informationstechnologien im Unterricht. Die Zahl der Befürworter ist allerdings geringer als in den anderen Nationen.
Lehrer, die in Deutschland in der achten Klasse unterrichten, haben zudem weit weniger häufig an IT-Fortbildungen teilgenommen als ihre ausländischen Kollegen. Nur wenige Schulleitungen in Deutschland messen solchen Fortbildungen einen hohen Stellenwert zu.
Mädchen erzielten bei dem Test in allen Teilnehmer-Staaten höhere Kompetenzwerte als die Jungen. Bei den Aufgaben sei es nicht um rein technische Dinge gegangen, sondern um die Anwendung von Wissen, erläuterte Eickelmann. In Deutschland finden sich zudem deutlich mehr Mädchen als Jungen in der obersten Leistungsgruppe. „Nur die Mädchen machen zu wenig aus ihren Kompetenzen“, fügte Bos hinzu.
Fazit der Schulforscher: „Die weit verbreitete Annahme, dass Kinder und Jugendliche durch das Aufwachsen in einer von neuen Technologien geprägten Welt automatisch zu kompetenten Nutzern digitaler Medien werden, trifft nicht zu.“