Professoren beklagen sinkendes Niveau
Bayreuth (dpa) - Referate, die von Rechtschreibfehlern wimmeln - zumindest bei Erstsemestern ist das nach Erfahrung von Professoren keine Seltenheit. Hochschullehrer beklagen zudem, dass der akademische Nachwuchs es kaum schafft, einer 90-minütigen Vorlesung zu folgen.
Junge Studenten haben nach Erkenntnissen von Professoren massive Probleme mit Rechtschreibung und Grammatik. Zudem fehlten vielen Erst- und Zweitsemestern die Lesekompetenz sowie die Grundlagen der Satzbaulehre, wie aus einer bislang unveröffentlichten Umfrage unter deutschen Philologie-Professoren hervorgeht. Über das Ergebnis hatte auch der Radiosender Deutschlandradio Kultur berichtet.
„Ein Problem ist auch die mangelnde Fähigkeit mancher Studenten, selbstständig zu formulieren und zusammenfassende Texte zu schreiben“, beklagt Professor Gerhard Wolf von der Universität Bayreuth. Nur wenige Studenten seien beispielsweise in der Lage, eine Vorlesung mit eigenen Worten angemessen zusammenfassen. „Viele Studenten können kaum noch einen Gedanken im Kern erfassen und Kritik daran üben“, sagt Wolf.
„Mit der argumentativen Logik haben es die Studenten immer weniger. Diese Fähigkeiten gehen langsam verloren“, fügte der Germanist hinzu, der in Bayreuth deutsche Literatur lehrt. Hier schlage sich anscheinend der schwindende Wortschatz nieder. „Dagegen nimmt die Jargonhaftigkeit zu: Die jungen Studenten verwenden in ihren Arbeiten immer häufiger Begriffe, die sie mal gehört haben, ohne aber zu wissen, was sie eigentlich bedeuten.“
Viele Studenten hätten auch Probleme, einer 90-minütigen Vorlesung konzentriert zu folgen. „Viele gehen offenbar mit der Haltung in die Vorlesung, 'die Fakten stehen doch eh' alle im Internet. Ich muss deshalb in der Vorlesung nicht alles verstehen'.“
Wolf sieht nicht nur die Schulen gefordert, die mehr Wert auf die Sprachkompetenz ihrer Schüler Wert legen sollten, sondern auch die Hochschulen. Universitäten sollten überlegen, ob sie für Studienanfänger künftig sogenannte Vorschaltkurse anbieten, in denen Basiswissen vermittelt werde. Wolf räumte allerdings ein, das dies dem Bestreben vieler Politiker entgegenlaufe, die Studienzeit zu verkürzen.
An der Umfrage hatten sich Professoren an 135 deutschen geisteswissenschaftlichen Fakultäten in 62 deutschen Universitäten beteiligt. Sie war im Jahr 2011 vom Philosophischen Fakultätentag, einem Zusammenschluss von 135 deutschen philologischen Uni-Fakultäten, angeregt worden. Die Geisteswissenschaftler an den deutschen Hochschulen verstehen die Umfrage als Beitrag zur Diskussion über neue Bildungsstandards an deutschen Gymnasien, die derzeit von deutschen Kultusministern geführt wird.