Richtigen Rhythmus finden - Tipps für die Schichtarbeit
Bonn (dpa/tmn) - Arbeiten, wenn andere schlafen. Ob im Kraftwerk oder im Krankenhaus: Viele Menschen arbeiten im Schichtdienst. Das greift den Körper an. Doch mit den richtigen Schlaf- und Ernährungstipps lässt sich die Schichtarbeit meistern.
Es ist kurz nach 14.30 Uhr. Zeit zum Aufstehen für Michaela Lins und Christine Langanke. Die beiden sind keine faulen Langschläfer. Sie sind Krankenschwestern in einem Klinikum in Weimar und haben die ganze Nacht gearbeitet, von 20.30 bis 6.15 Uhr. Es war eine ruhige Schicht und trotzdem sagt Michaela Lins: „Das schlaucht ganz schön, vor allem wenn man eine Woche am Stück Nacht- oder Frühschicht hat.“ Ihr ist der Wechsel lieber. Ihre Schwester arbeitet nur Nachtschicht.
Nach der Nachtschicht einschlafen, damit haben die beiden kein Problem. Doch viele Schichtarbeiter plagen Schlafprobleme, in der wenigen Zeit, die ihnen dazu zur Verfügung steht. Laut Andrea Rodenbeck, Professorin für Schlafmedizin an der Charité in Berlin, können schon ein paar ganz einfache Tricks Linderung schaffen: „Wichtig ist es, ruhig und abgedunkelt zu schlafen, der Wecker sollte keine Leuchtanzeige haben, sonst fixiert man sich nur noch auf die Uhrzeit und schläft viel schwerer ein.“ Bei der Nachtschicht sei auch das sogenannte biphasische Schlafen erlaubt, also sich nach der Nachtschicht und auch davor noch einmal hinzulegen.
Egal, ob Früh- oder Spätschicht: Während der Arbeitszeit sollte man immer versuchen, so viel Licht wie möglich zu bekommen, denn das signalisiert dem Körper, dass er wach sein soll. Genau aus diesem Grund können vor allem Nachtarbeiter mit einem einfachen Trick versuchen, ihrem Körper ein Schnippchen zu schlagen. „Es kann helfen, am Morgen mit einer Sonnenbrille nach Hause zu fahren, dann gibt das Sonnenlicht dem Körper nicht die Signale 'Tag' und 'Leistung'.“ Für Christine Langanke keine Option: „Ich freue mich gerade jetzt im Sommer, wenn morgens die Sonne scheint. Das genieße ich und freue mich auf den Nachmittag im Freien. Nach der ganzen Nacht Arbeit bin ich trotz Sonne müde genug.“
Vielen geht es da anders. Denen rät Rodenbeck, Schlafrituale einzuführen: „Was wir bei Kindern automatisch mit der Gute-Nacht-Geschichte richtig machen, vergessen wir als Erwachsene. Wir müssen auch runterkommen.“ Wem Entspannungsübungen und Lesen nicht helfen, dem empfiehlt Rodenbeck: „Trinken Sie einen Schlaftee oder eine warme Milch. Dabei hilft meist nicht das Getränk selbst: Das Warten während der Zubereitungszeit und das langsame Trinken des heißen Getränks machen ruhig.“
Heiße Getränke und Mahlzeiten sollte man auch während der Nachtschicht einplanen. Denn wenn es dunkel ist, sinkt die Körpertemperatur, sagt die Ernährungswissenschaftlerin Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Wer keinen Tee mag, kann auch zu Gemüsebrühe oder Malzkaffee greifen. Auch richtiger Kaffee ist erlaubt, wenn auch in Maßen: „Man sollte ihn nicht zum Durst löschen verwenden und ihn nicht kurz vor Schichtende trinken, aber ein paar Tassen sind in Ordnung.“
Wenn Michaela Lins mit ihren Kindern zu Abend isst, bevor sie in die Arbeit geht, macht sie das laut Gahl richtig. Vor der Schicht ist ein leichtes Essen genau richtig. „Wichtig ist es, rechtzeitig zu essen, damit die Aufmerksamkeit und Konzentration gar nicht erst nachlassen“, so Gahl. Nachts sollte man mit einer Banane oder einem Brot noch einmal eine kleine Mahlzeit essen. Gahl empfiehlt, vor dem Schlafengehen noch zu frühstücken: „Sonst kann es passieren, dass die Zeit zu lange wird und der Hunger den Schlaf unterbricht.“
Wem all diese Tipps nicht helfen, der sollte überprüfen, ob sich sein Arbeitgeber an die arbeitswissenschaftlichen Richtlinien hält. Über die informiert unter anderem die Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Nach dieser sollte man zum Beispiel nicht mehr als drei Nachtschichten in Folge machen, da diese besonders belasten. Bei wem das anders läuft, der kann sich an den Betriebsrat wenden.
Dieser nimmt dann manchmal Kontakt mit Ulrike Hellert auf. Die Arbeitszeitexpertin berät Unternehmen, die Hilfe bei der Gestaltung der Schichtpläne suchen. „Am besten ist es so: Zwei Früh-, zwei Spät-, zwei Nachtschichten und dann zwei Tage frei. Diesen Rhythmus nennt man den 'Vorwärtswechsel'“, sagt sie. Im Schlaflabor hat man herausgefunden, dass viele Menschen einen längeren Rhythmus als 24 Stunden haben, deswegen ist das Ausdehnen nach vorne angenehmer.