So jung und schon Chef: Wenn Berufseinsteiger Firmen gründen

Berlin (dpa/tmn) - Der ideale Gründer, den Tobias Kollmann beschreibt, klingt wie ein moderner Superheld. „Er muss davon überzeugt sein, etwas bewegen zu können“, sagt der Professor für Betriebswirtschaftslehre (BWL) und Wirtschaftsinformatik an der Universität Duisburg-Essen.

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„Er braucht die Robustheit, um Fehlschläge wegstecken zu können. Er muss risikofreudig handeln, ohne ein Spieler zu sein. Er braucht Kommunikations-, Führungs- und Präsentationsfähigkeiten,“ so Kollmann. Ein echtes Multitalent also. Oder anders gesagt: Die sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau.

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Trotz der hohen Ansprüche entscheiden sich viele Menschen für die Gründung eines eigenen Unternehmens, zum Beispiel in Großstädten wie Berlin und Hamburg mit ihren internetaffinen Start-up-Szenen. Gerade in dieser Branche sind die Gründer oft sehr jung. Das Durchschnittsalter der Start-up-Gründer, die die Unternehmensberatung KPMG für ihren „ Deutschen Startup Monitor 2015“ befragt hat, liegt bei knapp 35 Jahren. Die Daten von 1061 Start-up-Unternehmern flossen in die Untersuchung mit ein.

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Oft sind die jungen Existenzgründer keine Einzelkämpfer. „Wegen der vielen Anforderungen gibt es häufiger Teamgründungen“, sagt Tobias Kollmann. So war es auch bei Vincent Brass und Frederic Böert, die gemeinsam hinter dem Unternehmen Muun stecken. Im Gegensatz zu vielen anderen Start-ups existiert Muun nicht nur im Netz, sondern auch als Ladengeschäft in Berlin-Mitte. Dort verkaufen die beiden jungen Gründer mit ihren inzwischen sechs Mitarbeitern nur ein einziges Produkt: Eine Matratze, deren Materialien und Oberflächen Käufer selbst zusammenstellen dürfen.

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Keine App also, keine wolkige Plattform, sondern nur eine spezifische Idee. Von der die Muun-Gründer aber offensichtlich überzeugt sind. „Du musst das Produkt selbst lieben und von Grund auf verstehen“, sagt Frederic Böert. „Ich will mein eigener Kunde sein können.“ Wer was macht, ist bei den beiden klar abgesprochen. Während sich Böert eher um das operative Geschäft kümmert, ist Brass zum Beispiel für die Kommunikation zuständig.

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„Die meisten Gründungen sehen wir zeitversetzt drei bis fünf Jahre nach dem Hochschulabschluss“, sagt Tobias Kollmann. Das liegt zum einen daran, dass Berufseinsteiger in dieser frühen Phase des Arbeitslebens häufig nicht so viel Geld verdienen und der Ausstieg aus dem Angestelltendasein nicht ganz so hart ist. Außerdem: „Die meisten Gründer haben zu diesem Zeitpunkt keine Familie zu versorgen, und da ist es leichter, mal etwas zu riskieren“, sagt Kollmann. Und das Risiko ist nicht klein, warnt der Experte: „Von zehn Unternehmen im Portfolio eines Investors schaffen es acht nicht.“

Ein gescheitertes Start-up muss allerdings kein Beinbruch sein. Viele Jungunternehmer versuchen es einfach noch mal. Laut der KPMG-Untersuchung hat rund ein Drittel der Gründer mindestens eine Pleite hinter sich.

Muun hat inzwischen auch finanzielle Unterstützer gefunden, am Markt ist das Unternehmen seit September 2015. Aber natürlich hätte die Gründung auch ins Auge gehen können, sagt Frederic Böert: „Wir haben rückblickend schon sehr riskante Sachen gemacht, ohne jetzt total naiv zu sein.“ Beide würden den Schritt aber auf jeden Fall wieder wagen. Nicht unbedingt des Geldes wegen, sondern eher wegen des guten Gefühls, der eigene Chef zu sein. „Spaß an der Arbeit habe ich nicht durch den Blick auf meinen Kontostand, sondern weil ich am Ende des Tages weiß, was ich geschafft habe“, sagt Brass.