Volltanken bitte Tankwart-Jobs im Wandel
Cottbus (dpa) - Zwei Männer stehen an einem Auto und blicken auf eine Zapfsäule. Maikel Wurche hat das Zapf-Ventil in der Hand, der Kraftstoff fließt. Es entwickelt sich ein kleiner Wettkampf.
„Der trifft bestimmt nicht die Null“, sagt der andere Mann, dem das Auto gehört. Doch der 25-Jährige in Arbeitskleidung und Handschuhen schafft die Punktlandung: 50,00 Euro. Beide lächeln. Wurches Job erinnert an ein Bild aus vergangenen Jahrzehnten, als es noch vielerorts Tankwarte gab. Die klassische Ausbildung gibt es bis heute - die Zahlen sind aber rückläufig.
Der Anfang vom Rückzug des Tankwarts begann in den 1970er Jahren mit der Einführung der Selbstbedienung an den Zapfsäulen, wie der Zentralverband des Tankstellengewerbes in Bonn berichtet. In den vergangenen Jahrzehnten ging die Zahl der Tankwarte in Deutschland demnach zurück. Genaue Zahlen liegen dem Verband nicht vor.
Zugleich gibt es nach wie vor Tankstellen, die auf Tankwarte oder einen an diesen Beruf angelehnten Service setzen. 2005 führte Shell etwa einen Tankwart-Service ein, wie das Unternehmen erläutert. Zunächst in Berlin, Hamburg, München und im Stuttgarter Raum. Seit 2006 sind es ausgewählte Stationen im ganzen Land. Die Zahl sei mehr oder weniger konstant geblieben, heißt es. Derzeit gebe es den Service an 500 Stationen von insgesamt rund 2000 Shell-Tankstellen, darunter die in Cottbus mit Maikel Wurche. Shell qualifiziert die Mitarbeiter zur Tankwart-Servicekraft in einer eigenen Akademie. Mit dem Zertifikat können sie aber nicht Chef einer Tankstelle sein.
Bei Aral gab es Ende der 1990er Jahre eine Initiative mit Arbeitsämtern, bei der Langzeitarbeitslose als Servicekräfte an Tankstellen beschäftigt wurden, wie das Unternehmen mitteilt. Das Projekt setzte sich auf Dauer aber nicht durch. Aral nennt als Gründe eine hohe Fluktuation in andere Jobs aber auch mangelnde Wirtschaftlichkeit auf Seiten der Tankstellenpartner.
Maikel Wurche wischt über die Frontscheibe eines betankten Autos, als an der Zapfsäule hinter ihm wieder seine Hilfe gefragt ist. Zwei ältere Frauen hantieren am Tankdeckel, er klemmt. Der junge groß gewachsene Mann geht mit zügigem Schritt hin und kommt mit den Frauen schnell ins Gespräch. Seit Jahren macht er diesen Job, wie er berichtet. Wurche wirkt routiniert, die Handgriffe sitzen, er lächelt viel. Er weiß: „Ich bin das erste Gesicht hier an der Tankstelle, das die Kunden sehen.“ Ein Mann steigt aus seinem Auto. Als er den Tankwart sieht, winkt der Autofahrer ab und sagt: „Nö, danke.“
Der Service ist kostenlos, wie die Cottbuser Tankstellenleiterin Sandra Emrich bestätigt. Einen Unterschied bei der Bezahlung des Tankwart-Jobs im Vergleich zu den anderen Mitarbeitern im Verkaufs-Bereich gebe es nicht. Emrich geht davon aus, dass die Tankstelle von dem Tankwart-Service profitiert. „Die Kundenbindung ist besser“, sagt sie.
Nach Angaben des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) gibt es bis heute die dreijährige Ausbildung zum Tankwart. Die Zahlen sind allerdings rückläufig. 1993 waren es demnach noch 876, zehn Jahre später 639 und 2016 noch knapp 160 Auszubildende in Deutschland. Es gibt zugleich regionale Unterschiede. Während es demnach 2016 etwa in Bayern, Sachsen, Baden-Württemberg oder Brandenburg gar keine Tankwart-Azubis gab, waren es 132 allein in Nordrhein-Westfalen. Warum gerade dort so viele? In dem Bundesland gebe es gleich mehrere Berufsschulen, die die Ausbildung anbieten und zugleich Tankstellen, die Azubis einstellen, wie die Verantwortliche des Bundesinstituts für kaufmännische Berufe im Handel, Hannelore Mottweiler, erläutert.
Dass die Zahl der Tankwarte in Deutschland zurückgeht, liegt laut Zentralverband des Tankstellengewerbes auch daran, dass sich die Tankstellen verändert und viele keine Werk- oder Pflegehalle mehr hätten. Dadurch sei der Bedarf an ausgebildeten Tankwarten, die technische Kenntnisse mitbringen, in den Hintergrund gerückt. Geschäftsführer Jürgen Ziegner sagt: „Die Tankstelle hat sich zum Einzelhandelsbetrieb entwickelt.“
Das Bundesinstitut für Berufsbildung empfiehlt eine Modernisierung des Berufsbildes. Es stamme aus dem Jahre 1952, sagt Mottweiler. „Und viele Schulabgänger wissen überhaupt nicht, dass es den Beruf noch gibt.“ Die kaufmännische Anteile sollten aus Sicht des Bundesinstituts gestärkt werden. Möglicherweise könne das dazu führen, dass die Ausbildungszahlen wieder steigen.
Tankwarte sieht man auch im Ausland. Wer zum Beispiel in Italien mit dem Auto unterwegs ist, sollte sich auf andere Regeln beim Tanken gefasst machen. Denn während der Autofahrer in Deutschland es eigentlich gewohnt ist, selbst zu tanken und dann an der Kasse zu zahlt, kann er dies in Italien oft einem Tankwart überlassen. Allerdings ist das nicht kostenlos. An Autobahnen kann man da schon gerne mal 20 Cent pro Liter mehr zahlen, als wenn man selbst zur Zapfsäule schreitet. Und da die Spritpreise in Italien sowieso schon zu den höchsten in ganz Europa gehören, kann Tanken ein richtiges Loch in die Urlaubskasse reißen.
Die Bedienung ist bei den Italiener dennoch sehr beliebt: „Die Menschen haben es hier immer eilig. Sie nehmen fast immer die Tankbedienung in Anspruch“, sagt ein Tankstellenbetreiber in Rom.