ifo Institut Warum es die digitale Schule in Deutschland so schwer hat
Lehrer müssen oft immer noch in einen Extraraum mit Computern, wenn sie mit der Klasse online recherchieren wollen. Und viele Schüler erwerben Digitalkenntnisse auf eigene Faust. Die Bundesbürger wünschen sich etwas anderes.
Berlin (dpa) - Schule und Computer - was in vielen Ländern längst zusammengehört, ist in Deutschland oft noch ein Gegensatz. Wenn junge Leute in Deutschland digital fit sind, dann meist trotz statt wegen der Schule.
Das neue Bildungsbarometer des Instituts ifo hat einen Schwerpunkt auf das Thema gelegt. Wie der Stand ist - was die Bundesbürger wollen:
Mit ihren Computerkenntnissen liegen deutsche Schüler laut einer anderen einschlägigen Studie - ICILS von 2014 - weltweit nur im Mittelfeld: hinter Tschechien, Australien, Dänemark und Polen. Die Achtklässler verdanken ihre Digitalkenntnisse weniger der Schule und eher ihrem privaten Umgang mit digitalen Geräten, ihrem Elternhaus und Freunden.
Veraltete Technik und langsames Internet seien ein Hauptgrund für die digitalen Schulprobleme, so die ICILS-Studie. Studienautor Wilfried Bos sagte in einem Interview: „Wenn Sie sich vorstellen, der Französischlehrer will moderne Informationstechnologie nutzen, dann muss der in den Computerraum mit seiner Klasse, dann müssen die die Rechner hochfahren, dann sind die 45 Minuten rum.“ Außerdem hätten die Lehrer selbst keine Computerpädagogik gelernt.
Ja. Fast zwei von drei wollen laut dem ifo-Bildungsbarometer, dass Schüler 30 Prozent oder mehr der Unterrichtszeit am Computer verbringen. 2015 wollte das nur knapp jeder zweite. 55 Prozent sind dafür, dass Grundschulen Digitalkompetenzen vermitteln, bei weiterführenden Schulen sind es sogar 91 Prozent. Eine Ausstattung aller Schulen mit Computer, WLAN und Breitband durch den Bund befürworten 80 Prozent, Rechner für alle Schüler 67 Prozent. Dass Schüler ihre Smartphones in der Schule für den Unterricht nutzen können, finden 42 Prozent der Deutschen gut, eine Mehrheit von 52 Prozent ist aber dagegen.
Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) hat das versprochen. Im Oktober kündigte sie einen Digitalpakt von Bund und Ländern an, eine auf fünf Jahre angelegte Bildungsoffensive mit fünf Milliarden Euro für digitale Klassenzimmer in den 40 000 deutschen Schulen. Start soll 2018 sein, deutlich nach der Bundestagswahl. „Voraussetzung für die Umsetzung des Digitalpaktes und die Bereitstellung der erforderlichen Mittel in den Haushalten von Bund und Ländern ist der Abschluss einer Bund-Länder-Vereinbarung“, sagte Wanka im August. Eine Sprecherin ihres Ministeriums versichert, Bund und Länder verhandelten wie geplant. Der Grünen-Bildungsexperte Özcan Mutlu fordert: „Die längst überfällige Digitalisierung an den Schulen muss endlich kommen.“
Auch hier gibt es große Mängel. So gibt es in 40 Prozent der Berufsschulen laut einer Studie kein WLAN. Nicht einmal jede vierte Berufsschule hat eine Strategie zur Digitalisierung entwickelt. In jeder zweiten Berufsschule fehlt es an einer externen Betreuung der IT-Technik.