Lernen ist ein fester Teil des Alltags

Frau Lisson, wie wichtig ist es, sich als Handwerker fort- und weiterzubilden?

Sigrid Lisson: Am Stand der Technik und bei der persönlichen Kompetenzerweiterung dranzubleiben, sollte für Handwerker alltäglicher Bestandteil der Berufsausübung sein. Alleine schon deshalb, weil viele Handwerke gefahrengeneigt sind. Und ganz generell, weil das Jobprofil im Handwerk lautet, im Kundenauftrag eine individuelle Problemlösung zu finden, die haltbar ist - auch an der Schnittstelle zu anderen Gewerken. Technik und Wirtschaft entwickeln sich in rasantem Tempo. Bei einer technologischen Halbwertszeit von zur Zeit etwa 1,5 Jahren ist die Hälfte des Wissens über neue technologische Entwicklungen bereits nach weniger als zwei Jahren überholt. In der Summe ist es in allen technikgetriebenen Branchen für Unternehmer wie Mitarbeiter also unverzichtbar, Wissensdefizite durch zusätzlichen Qualifikationserwerb kontinuierlich abzubauen.

Können Sie ein praktisches Beispiel für den rasanten Technikwandel nennen?

Lisson: Beispielsweise nutzten vor etwa zehn Jahren noch wenige Unternehmen die Möglichkeit einer Fotodokumentation. Heute dagegen fliegen Drohnen bzw. Multikopter über Dächer und Industrieanlagen, um Schäden digital aufzuzeichnen und zu begutachten.

Wer sind die Zielgruppen?

Lisson. Alle im Handwerk Tätigen, vom Auszubildenden über den Gesellen und Meister bis zum geprüften Betriebswirt im Handwerk und darüber hinaus. Lernen ist ein lebenslanger Prozess, nicht nur, aber eben vor allem auch für Handwerker.

Was bietet die Akademie der Handwerkskammer Düsseldorf in diesem Bereich?

Lisson: Das Handwerk ist ja seit je her sehr vielseitig und deshalb ist es unser Angebot auch. Es reicht vom „Botschafter im Blaumann“, das ist unser Kniggekurs für Auszubildende, über kaufmännische Weiterbildung wie den Personalmanager und den Vertriebsspezialisten bis hin zu branchenübergreifender, technischer Weiterbildung etwa zum Schweißer oder eben in der Schulung am bereits genannten Multikopter. Im Mittelpunkt unseres Qualifizierungsprogramms stehen natürlich die bis zu 1700 Unterrichtsstunden umfassenden Vorbereitungslehrgänge auf eine Meisterprüfung, die wir in 26 Handwerksberufen anbieten. Jährlich betreuen wir über 4000 Teilnehmer in unseren Meisterschulen und über 3000 Teilnehmer in sonstigen technischen Weiterbildungslehrgängen. Zur Meisterausbildung gehört übrigens regelmäßig die Vermittlung von umfangreichen kaufmännischen Kenntnissen. Schließlich sollen unsere Absolventen in der Lage sein, ein Unternehmen — sei es als Selbstständiger oder als Führungskraft - erfolgreich zu führen.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung dabei?

Lisson: Ohne Digitalisierung geht´s nicht. Sie ist bereits vollständig in unseren Alltag integriert. Diese Thematik fließt selbstverständlich in den Unterricht mit ein. Zum Beispiel im Qualifikationsgang zum Geprüften Kaufmännischen Fachwirt. Ein Prüfungsfach befasst sich mit dem Personalwesen. Hier wird u.a. vermittelt, wie Arbeitszeiten der Mitarbeiter automatisiert erfasst werden. Oder denken Sie nur an die Kommunikation mit dem Finanzamt. Die Steuererklärung können Sie nur noch elektronisch erstellen. Und auch die digitale Kommunikation eines Unternehmens ist gängiger Unterrichtsstoff.

Was bietet die Akademie hier an?

Lisson: Wir stellen zum Beispiel unseren Teilnehmern eine Lernplattform zur Verfügung. Hier können unsere Dozenten Schulungsunterlagen oder Tests hinterlegen, die von den Teilnehmern abgerufen werden. Diese Form der Informationsbeschaffung wird immer häufiger genutzt. Fortbildung 4.0 heißt digital von Anfang an: Bereits die Anmeldungen zu unseren Lehrgängen kann online erfolgen.

Wie wichtig ist die Fort- und Weiterbildung für Handwerker, die Führungspositionen übernehmen möchten?

Lisson: Führungsaufgaben verlangen besondere Vorbereitung. Als Führungskraft muss sich ein Handwerker oft erstmals in seinem Berufsleben noch einmal ganz neuen und zusätzlichen Herausforderungen vor allem im Umgang mit Kunden und Mitarbeitern stellen. Entsprechend spielt das Thema Personalmanagement im Qualifizierungsangebot zum Meister und Betriebswirt (HWK) eine herausgehobene Rolle. Überraschen mag vielleicht, dass wir die künftigen Unternehmer auch in ihrem Bewusstsein für ihre Gesellschaftsverantwortung stärken. Und auch für die Chefinnen und Chefs im Handwerk gilt: Langfristig überzeuge oder überlebe ich nur, wenn ich das Erlernte in regelmäßigen Abständen auffrische. Denn — wie Heinrich Heine wusste - Geld ist rund und rollt weg; Bildung bleibt.