Illusionstheater wie in der Barockzeit
Das Düsseldorf-Festival startet mit dem fantasievollen Stück „Aria“ der NoGravity Dance Company am Burgplatz.
Wie in einem Aquarium treiben die Tänzer der NoGravity Dance Company durchs Bild. Dass um sie herum kein Wasser ist, verblüfft. Denn die Illusion ist perfekt. Dabei kommen die Künstler in dem Stück „Aria“ ohne technische Tricks heutiger Zeit aus, auch wenn Manches so künstlich wirkt wie filmisch vorproduziert und auf die Leinwand geworfen. Doch nein, alles ist echt bei dieser Deutschlandpremiere.
„Das ist barocke Theatertechnik“, versichert uns Christiane Oxenfort, Leiterin des Düsseldorf-Festivals, das nun mit dem fantasievollen Auftritt von NoGravity im Theater- und Konzertzelt am Burgplatz eröffnet wurde. Der Ensemblename ist Programm. „NoGravity“ — „Keine Schwerkraft“ erweckt den Eindruck, die Tänzer könnten schwerelos durch den Raum schweben. Dabei sind sie an Schnüren befestigt.
Der Besucher erlebt aber mehr als Tanz, sondern auch Musiktheater. Mit Oper geht es auch gleich schon los. Es erklingt der Anfang von Claudio Monteverdis „Orfeo“, der ältesten vollständig erhaltenen Oper der Musikgeschichte. Die Sängerin steht nur scheinbar alleine mit einem Lautenspieler auf der Bühne. Denn ihr überdimensionaler Reifrock, der optisch perfekt zur Turmfrisur passt, besitzt ein Eigenleben. Unter dem üppigen Tüll verbergen sich Tänzer, die das Beinkleid in wallende Bewegung versetzten und die Primadonna sozusagen zu einem Kollektivwesen machen.
In den musikalischen und akrobatischen Reiz mischt sich auch ein wenig Humor und Mut zur Groteske: So singt ein Countertenor eine Barockarie im Kostüm einer verpuppten Raupe, deren winzige Flügel verraten, dass sie sich kurz vor der Metamorphose zum Schmetterling befindet. An Schnüren befestigt schaukelt das „Tierchen“ beim Singen wahnwitzig hin und her.
Besonders kunstvoll wirkt eine Szene, bei dem derselbe Countertenor in einer Nussschale von Boot auf schäumendem Gewässer unterwegs ist, ebenfalls singend. Das Meer besteht aus Tänzern in weißem Tüll. Am Ende verschlingt es den seefahrenden Sänger, der nach einem leisen, aber hellen Schreckensschrei unter den sich kräuselnden Fluten verschwindet. Geradezu erhaben wirkt wiederum eine sehr stilisierte Kreuzigungsszene mit Madonna zu Pergolesis „Stabat Mater“.
Nun ist die Performance nicht gerade kurz. Und trotz der enormen musikalischen, tänzerischen und bühnenbildlichen Qualitäten macht sich mit der Zeit etwas Eintönigkeit breit. Eine deutlich erkennbare Handlung gibt es nicht, nur Inszenierungen einzelner Arien oder Instrumentalstücke des Barock. Zum abendfüllenden Programm fehlte der Darbietung der rote Faden. Beim Premierenpublikum kam die Performance bestens an. Zum Schluss gab es kräftigen und langen Beifall. Letzte Vorstellung: Heute, 20 Uhr.