Wenn Studenten Uni, Kinder und Job meistern müssen

Essen (dpa) - Im Semester geht ein Werktag bei Studentin Mirjam Heide etwa von 5.30 Uhr morgens bis tief in die Nacht: Der Haushalt, Tochter Adina (7) zur Schule bringen, Sohn Schimi (2) muss in die Kita, Seminare und Bibliothek, Kinder abholen, Familienalltag, Kinder ins Bett bringen, weiterstudieren.

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Wie sie das schafft? „Mit sehr viel Kaffee.“ Und ohne das Studierendenwerk ginge es für viele Stunden in solchen eher ungewöhnlichen Lebenslagen auch nicht. Mirjam ist 30, gelernte Arzthelferin und steht kurz vor ihrem Master-Abschluss in Mathe und Deutsch auf Lehramt. Damit sie Zeit zum Studieren hat, bringt sie Schimi in die Kita „Brückenspatzen“ am Essener Campus. Insgesamt 50 Kinder werden dort in drei Gruppen betreut. Die ganze Uni in Essen hält derzeit 70 Plätze vor.

Gemessen an der Nachfrage ist das wenig. Kita-Leiterin Erika Schramm schätzt, dass es jedes Jahr zum 1. August circa 70 Anfragen gibt. Frei würden aber nur etwa zehn Plätze. Weil die gegebene Altersmischung bei den Brückenspatzen beibehalten werden soll, kommt es vor, dass Eltern Monate oder auch mal ein Jahr auf einen Platz warten müssen. Mirjam hatte Glück: Eine befreundete Mutter, die nach Ägypten auswanderte, habe ihr gesagt, da werde was frei. Schimi musste nur eine Woche warten.

Doch auch mit einem Kitaplatz sei es „eine ganz schöne Jonglage“, sagt Schramm. Entsprechend wichtig ist es für Mirjam, die von BAföG und einem Job als Hilfskraft lebt, innerhalb der Regelstudienzeit abzuschließen. Die guten Noten, die sie gerne hätte, schaffe sie zwar nicht. Doch in Summe will sie sich nicht beklagen: „Am Anfang des Studiums wurde uns gesagt, dass wir entweder auf Schlaf, Freunde oder Hobbys verzichten müssten. Ich verzichte eigentlich auf alles, ich habe Kinder und habe mein Studium zum Hobby gemacht. Aber ich bin damit sehr, sehr glücklich.“ Die Kinder seien die beste Entscheidung ihres Lebens.

Christina Ann Wurm (27) studiert an der Uni Siegen Geschichte, Englisch und Religion auf Lehramt im 14. Semester. Wer so lange studiert, der bekommt weder BAföG noch einen Kredit der KfW-Bank, den zahlreiche Studenten nutzen. Die 27-Jährige hat schließlich ein Studienabschluss-Darlehen der gemeinsamen Darlehenskasse (Daka) der NRW-Studentenwerke aufgenommen.

Vorher habe sie drei Jobs gehabt, erzählt sie. Im achten Semester habe sie Geschichte als drittes Fach hinzugenommen. Gleichzeitig habe sie immer nebenbei arbeiten müssen. „Während andere am Wochenende den Stoff aufgearbeitet haben, habe ich Freitag, Samstag, Sonntag voll gearbeitet. Dadurch hat sich das Studium auch verlängert.“

Ein Gang zum Studierendensekretariat brachte sie Ende 2014 zu einem Studienabschluss-Darlehen der Daka. Seitdem sind jeden Monat 300 Euro mehr auf ihrem Konto. Damit ist sie eine von aktuell 4000 Studierenden in NRW, die einen Daka-Kredit in Anspruch nehmen.

Das Geld der Daka helfe ihr sehr, sagt Christina. Die zwei jüngsten Einsen für Hausarbeiten „hätte ich wahrscheinlich nicht so bekommen, wenn ich wie vorher noch gearbeitet hätte“. Die Kehrseite: Rund 20 000 Euro Schulden hat Christina für ihr Studium angesammelt. Die will sie nach dem Studium so schnell wie möglich zurückzahlen.