Wie werde ich...? Ghostwriter

Berlin (dpa/tmn) - Es ist kein Job für Menschen, die gerne in der ersten Reihe stehen: Ghostwriter agieren im Hintergrund. Sie schreiben für ihre Kunden Reden gegen Geld. Läuft es gut, ist es ein einträgliches Geschäft.

Doch der Markt ist eng.

Dieter Bohlen, Gerhard Schröder oder Lothar Matthäus hatten viel zu erzählen. Selber aufschreiben wollten sie ihre Geschichten aber nicht. Diese Arbeit haben sie Katja Kessler, Reinhard Hesse oder Jan Mendelin überlassen. Mehr oder weniger anonyme Autoren übernehmen solche Aufträge für Prominente. Aber auch unbekannte Menschen und Firmen haben Ghostwriter. Das Schreiben für andere kann ein einträgliches Geschäft sein. Erfahrenen Journalisten und Redenschreibern gelingt der Einstieg leichter. Einsteiger brauchen dagegen einen langen Atem. Denn in der Branche tummeln sich viele.

Ghostwriter machen vieles: Sie texten für Biografien und Broschüren. Sie schreiben im Auftrag ihrer Kunden Romane, Reiseberichte und Reden. So mancher bestellt sogar Liebesgedichte für die Angebetete, berichtet Ghostwriterin Kathrin Schröder aus Osnabrück.

Die Phantomschreiber arbeiten entweder im eigenen Auftrag oder für Agenturen. Das Abkommen ist immer gleich: der Auftraggeber darf die Arbeit unter eigenem Namen veröffentlichen, die Verfasser bleiben anonym.

Annette Piechutta hat sich auf Autobiografien, Erfahrungsberichte und autobiografische Romane spezialisiert. „Das Schöne am Ghostwriting sind die interessanten Menschen, die mir vertrauen und sich mir öffnen, und ihre Themen“, sagt die Ghostwriterin aus Petersberg. Seit ihrem ersten eigenen Roman wuchs die Liste ihrer Werke auf 29 Bücher an.

„Ein guter Schreibstil ist wichtig, aber er nützt nichts, wenn ich es nicht verstehe, Spannungsbögen zu legen, Konflikte zu kreieren und Höhepunkte zu setzen. Das ist Handwerk und muss erlernt werden“, sagt Annette Piechutta. Für Biografien müssen Ghostwriter ihre Kunden gut kennenlernen und nicht selten handschriftliche Aufzeichnungen lesen.

Kathrin Schröder bekommt täglich Mails mit Impressionen und Fotos aus dem Urlaub eines Kunden. Aus dem Material fertigt sie dann einen Reisebericht. Um Recherchen kommt sie nicht herum: Beispielsweise muss sie prüfen, ob sich ein Regenwald tatsächlich an der vom Kunden beschriebenen Stelle befindet. Drei Bücher hat sie in Arbeit, zwei Kinderbücher sind fertig.

Annette Piechutta versucht so zu schreiben, dass sich der Kunde darin wieder findet. „Wer den vermeintlichen Autor persönlich kennt, muss ihn in dem Buch auch wieder erkennen“, erklärt Piechutta. Es dürfe nicht das Gefühl entstehen, das habe jemand für ihn geschrieben.

Bei Reden empfiehlt es sich, Rücksicht auf die Sprechweise des Auftraggebers zu nehmen. Damit eine Rede großen Eindruck hinterlassen kann, muss sie zum Stil des Vortragenden passen und dabei auch das Publikum und den Ort berücksichtigen. „Zur besonderen Vorbereitung analysieren Redenschreiber Texte, die den Rednern gefallen und lernen dabei deren Stil und stilistische Vorstellungen kennen“, sagt Vazrik Bazil vom Verband der Redenschreiber deutscher Sprache. Es gilt, gelieferte Texte sowie Fakten auszuformulieren und dem Ganzen einen dramaturgischen Schliff zu verpassen. „Gedanklich und sprachlich verbiegen muss man sich dabei nicht.“ Dabei sollten sich Auftragsschreiber im Urheberrecht gut auskennen. Sie müssen wissen, wann sie plagiieren und ob Sanktionen drohen.

Die Türen zum Buchmarkt öffnen sich auch Edelfedern nur über die Aufmerksamkeit von Verlagen, Literaturagenten und Journalisten. „Nicht das Schreiben ist schwierig, sondern Kunden zu gewinnen und sich ein Netzwerk aufzubauen“, berichtet Piechutta. „Anfangs verdient man wenig, weil man noch nichts vorweisen kann“. Sie selbst hat parallel zu ihrem Job fünf Jahre in der Werbung gearbeitet. Inzwischen warten Kunden bei ihr Monate auf einen freien Platz.

Umfang, Buchform und Honorar gilt es auszuhandeln. Für das Entgelt spielen Seitenzahl, geplante Mehrfachverwertungen und Rechercheaufwand eine Rolle. Annette Piechutta nimmt zwischen 55 und 65 Euro netto pro Seite. Gestandene Journalisten und Schreiber verlangen naturgemäß höhere Honorare als Neulinge. Das Geld ist die eine Seite der Medaille, der Spaß am Schreiben die andere. „Ich bringe für andere Menschen die Geschichten ins Rampenlicht, die sie schon lange dort haben wollten“, sagt Annette Piechutta.