Wie werde ich...? Stuntmen
Potsdam (dpa/tmn) - Wenn es für Stars zu brenzlig wird, beginnt ihr Job: Stuntmen werfen sich vor Autos und springen von Brücken. Verlangt es der Regisseur, machen sie das zur Not auch ein Dutzend Mal.
Es ist ein Spiel mit dem Feuer - und das verzeiht keine Fehler.
Es knallt, meterhohe Flammen schießen in die Luft. Dunkler Rauch vernebelt die Tankstellen-Attrappe. Ein Mann läuft aus der Rauchwolke. Flammen bedecken seinen Körper. Er rennt gegen einen Pfeiler, torkelt umher und bricht zusammen. „Cut!“, ist später zu hören. Die Menge jubelt. Solche Auftritte gehören für den Stuntman Marcus Weber zum Beruf. Bei dem Stunt im Filmpark Babelsberg schützt ihn ein spezieller Anzug. Fehler darf er sich bei den ins Detail geplanten Bewegungen trotzdem nicht erlauben. „Feuer verzeiht nicht“, sagt er.
„Leichtsinnige Draufgänger sind in dem Beruf fehl am Platz“, erklärt Elke Schubert, Pressesprecherin der Action Concept Film- und Stuntproduktion in Hürth. Gefragt seien Teamplayer, auf die Verlass ist. „Ein Stuntman sollte keine Angst, aber Respekt vor dem Stunt haben“, erzählt Weber. Übermut gefährdet alle Beteiligten am Set.
Stuntman Marcus Weber war Zehnkämpfer und sechs Jahre Fallschirmjäger bei der Bundeswehr - bis er sich die Schulter brach. „Etwa zehn Meter über dem Boden ist mein Fallschirm zusammengefallen“, erinnert sich der 34-Jährige. Seit rund neun Jahren ist er Mitglied der Stuntcrew Babelsberg. Er hat bei Filmen wie „In 80 Tagen um die Welt“, „Bourne Identität“ oder „V wie Vendetta“ mitgewirkt. Mit Unfällen muss er allerdings auch in diesem Job rechnen.
„Natürlich passieren Unfälle“, erklärt Schubert. Doch auch Berufe wie Dachdecker seien nicht ungefährlich. Der Berufsalltag der Stuntleute besteht vor allem aus planerischen und handwerklichen Tätigkeiten. „Sie entwickeln und planen die Stunts im Detail, präparieren Türen, bauen Rampen.“ Einen spektakulären Autoüberschlag machen die Angestellten etwa einmal im Monat. Dazu kommen noch rund drei- bis vier kleinere Stunts.
Neben dem handwerklichen Geschick gehört auch die Schauspielerei zur Arbeit. Weber erinnert sich an einen alten Mann, den er doubeln musste. „Ich habe ihn einen ganzen Tag lang beobachtet, mir seine Gestik und Mimik eingeprägt“, erläutert er. Weber musste sich für seinen Stunt den charakteristischen Gang des Schauspielers aneignen.
Ruft der Regisseur „Action!“, sind nicht nur starke Nerven gefragt. Der Job erfordert auch eine Menge Geduld. Es sei schon ärgerlich, wenn ein Stunt an Kleinigkeiten scheitere, erzählt Weber. Ein Blick von einem Statisten in die falsche Richtung könne da schon ausreichen. Im vergangenen Jahr habe er sich 35 Mal von einem Auto anfahren lassen müssen. „Einmal, zweimal, dreimal ist okay. Irgendwann kann es aber auch schiefgehen.“
Eine klassische Ausbildung zum Stuntman gibt es nicht. „Der Beruf ist nicht geschützt und kann frei ausgeübt werden“, sagt René Lay vom Bundesverband Deutscher Stuntleute in Berlin. Den Einstieg in den Beruf bekommen die meisten Stuntmen laut Lay über persönliche Kontakte.
Bei Action Concept gibt es sogenannte Sichtungsseminare. Wer sich dort bewährt, bekommt die Ausbildung zunächst in einem Praktikum und kann dann auf eine Festanstellung hoffen. Dabei lernt der Anfänger laufend dazu. Die professionellen Stuntleute vermitteln den neuen Kollegen alle Fertigkeiten, auf die es in Filmen oder Serien ankommt.
Weber rät angehenden Stuntmen, sich zu spezialisieren. „Gute Karrierechancen haben diejenigen, die ein Alleinstellungsmerkmal haben“, sagt er. Jeder hat sein Spezialgebiet, seine seien Feuer- und Auto-Stunts. Von Vorteil ist es, Sportarten wie Judo oder Turnen zu beherrschen.
Die meisten Stuntmen arbeiten freiberuflich. „Die Auftragslage variiert, und nicht jeder Stuntman bekommt genügend Jobs“, erklärt Lay. „Der Beruf bringt sehr viele Entbehrungen mit sich.“ Er würde sich aber immer wieder dafür entscheiden.
Neben ihrer Arbeit am Filmset und im Filmpark lehrt die Stuntcrew Babelsberg in Workshops, worauf es bei ihrer Arbeit ankommt. Dabei unterrichten sie Kampftechniken und zeigen, wie Schlägereien für die Kamera choreographiert werden. Ihre Arbeit verlangt ihnen ständig hohe Konzentration ab, jede Bewegung muss sitzen. Auch hier geht es um Teamfähigkeit und Vertrauen, wenn die Teilnehmer zum Beispiel mit verbundenen Augen auf Anweisung ein Auto steuern müssen.
Ausüben können Stuntman ihren Job, solange der Körper es mitmacht. Mit einschlägiger Berufserfahrung steht es ihnen offen, sich anschließend zu Stuntkoordinatoren weiterbilden. Dann sind sie, in enger Zusammenarbeit mit dem Regisseur, verantwortlich für die Ausführung der Stuntszenen.