„Zu jung“ darf kein Argument gegen Beförderung sein
Heidelberg (dpa/tmn) - Wird ein Chefposten neu besetzt, sind Kandidaten mit Erfahrung gefragt. Ein Älterer hat daher in solchen Fällen eventuell bessere Karten als Jüngere. Die müssen es sich aber nicht gefallen lassen, wenn sie bloß wegen ihres Alters übergangen werden.
Werden jüngere Arbeitnehmer bei einer internen Stellenvergabe nur aufgrund ihren Alters abgelehnt, sei das ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das eine Diskriminierung wegen des Alters verbietet. Das erläutert Michael Eckert, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Heidelberg.
Betroffene müssen in so einem Fall aber belegen, das ihr Alter tatsächlich den Ausschlag dafür gegeben hat, dass sie bei der Beförderung nicht berücksichtigt wurden. Dazu müssten sie entsprechende Indizien vorlegen, erklärt Eckert, der Vorstandsmitglied im Deutschen Anwaltverein (DAV) in Berlin ist. Ein solches sei es etwa, wenn der Personalchef auf den Lebenslauf einen internen Vermerk wie „zu jung“ gekritzelt hat. Dann kann der Kandidat vor Gericht eine Entschädigung verlangen.
Das gilt aber nicht, wenn in einer öffentlichen Stellenanzeige etwa ein Mitarbeiter mit „mehrjähriger Berufserfahrung“ gesucht wird - auch wenn diese mittelbar mit dem Alter zusammenhängt. „Es gibt Positionen, da braucht man einfach Erfahrung“, sagt Eckert. „Das lässt sich also sachlich rechtfertigen.“ Eine solche Anzeige sei daher anders zu bewerten als eine, in der Mitarbeiter für ein „junges und dynamisches Team“ gesucht werden. „Das können Ältere als Indiz für einen Verstoß gegen das AGG anführen.“ Bei Jüngeren sei das nur der Fall, wenn ein Arbeitgeber in der Annonce ausdrücklich eine Altersgrenze erwähnt - etwa, weil er eine Frau ab 50 sucht, um das Risiko einer Schwangerschaft zu minimieren.
Durch das AGG habe es mit Blick auf die Rolle des Alters im Arbeitsrecht eine „Trendumkehr“ gegeben, erläutert Eckert. „Früher galt, dass Ältere besonders geschützt werden müssen. Der Hintergrund war der Gedanke: Wer 50 Jahre oder älter ist, hat angeblich viel schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.“ Inzwischen sei es fraglich, ob dieser Grundsatz noch so zu halten sei. Schließlich habe ein 50-jähriger Ingenieur heute angesichts des Fachkräftemangels durchaus gute Jobchancen - und wahrscheinlich deutlich bessere als etwa ein 20-Jähriger, der schlecht oder gar nicht ausgebildet ist und dem Berufserfahrung fehlt.
Dass Jüngere inzwischen das AGG für sich entdeckt haben, sei für manche recht überraschend gekommen, sagt Eckert. „Einige Gewerkschaftler haben sich da gefragt: Huch, was haben wir uns denn da für ein Ei ins Nest gelegt?“ Denn Jüngere hätten jetzt zum ersten Mal eine rechtliche Handhabe gegen eine Benachteiligung wegen ihres Alters. Dazu passe der Schutz Älterer bei einem Stellenabbau aber nicht mehr, den derzeit noch das Kündigungsschutzgesetz bei der Sozialauswahl vorschreibt. Eckert rechnet daher damit, dass das Kriterium des Lebensalters darin künftig gestrichen wird. „Das wird kommen“, sagt der Arbeitsrechtler.