Digitaler Nachlass: Im Netz geht das Leben auch nach dem Tod weiter

E-Mail-Konten, Fotos, Profile in sozialen Netzwerken: Was passiert mit den Daten, wenn der Nutzer stirbt?

Düsseldorf. Wenn ein Mensch stirbt, kommt auf die Angehörigen eine ganze Reihe Aufgaben zu. Neben der Bestattung steht die Regelung des Erbes und der Gang zu verschiedenen Ämtern an. In den vergangenen Jahren ist eine weitere Aufgabe dazugekommen, um die sich Angehörige von Verstorbenen kümmern müssen: der digitale Nachlass.

Immer mehr Menschen sind in sozialen Netzwerken aktiv, haben E-Mail-Konten, besitzen Blogs oder Webseiten. Doch was passiert damit, wenn der Nutzer stirbt und keine Angaben dazu gemacht hat, wie mit diesen Daten umzugehen ist? Werden sie automatisch gelöscht? Haben die Erben das Recht, Passwörter zu erfahren?

„Die meisten Menschen, die im Netz aktiv sind, sind eher jünger und denken nicht daran, Vorkehrungen zu treffen“, weiß Professor Peter Bräutigam, Fachanwalt für IT- und Erbrecht. „Oder die Menschen denken darüber nach, schieben es aber vor sich her, aktiv zu werden.“

Bräutigam plädiert daher dafür, dass Anwälte bei einer Beratung zum Thema Erbe verpflichtet werden, auch auf den digitalen Nachlass hinzuweisen. „Wenn es beispielsweise um die Rechte an bekannten Domainnamen geht, ist Streit programmiert.“ Aber selbst wenn es nicht um geldwerte Internetadressen geht, kann auch der Umgang mit privaten Dokumenten zu Problemen führen. „Grundsätzlich gilt, dass alles, was den digitalen Nachlass des Verstorbenen umfasst, egal ob intime Briefe oder Vermögenspositionen, dem Erben zufällt“, sagt Bräutigam.

Damit der Erbe tatsächlich auf die Accounts oder E-Mail-Konten zugreifen kann, muss er sich — falls der Verstorbene seine Passwörter nicht vermerkt hat — an die zuständigen Betreiber wenden. Soziale Netzwerke wie Facebook bieten Angehörigen an, das Konto des Nutzers in einen sogenannten „Gedenkzustand“ zu versetzen, um es wie ein virtuelles Kondolenzbuch weiterzuführen. Wollen Angehörige das Profil des Verstorbenen aber löschen, müssen sie Facebook die Sterbeurkunde oder einen Erbschein vorlegen. Erst dann löscht Facebook den Account. Die Anmeldedaten des Verstorbenen werden ausdrücklich nicht weitergegeben.

Auch bei E-Mail-Anbietern gibt es Unterschiede. Googlemail etwa verlangt die Sterbeurkunde des verstorbenen Benutzers und zwar — sofern sie nicht auf Englisch verfasst ist — als von einem beeidigten Übersetzer amtlich beglaubigte, englische Übersetzung. Diese und weitere Unterlagen müssen in die USA gesandt werden, um dort geprüft zu werden. In einem zweiten Teil sind weitere Rechtswege erforderlich, einschließlich einer Anordnung eines US-Gerichts und/oder der Vorlage weiterer Materialien. Erst dann erhalten Nutzer die Möglichkeit, das E-Mail-Konto des Verstorbenen zu verwalten.

Um Angehörigen diese aufwendigen Verfahren zu ersparen, rät Rechtsanwalt Peter Bräutigam dazu, frühzeitig Vorkehrungen zu treffen. Im einfachsten Fall heißt das, ein Internetnutzer hält sämtliche Daten schriftlich fest und hinterlegt diese unterschrieben sowie notariell beglaubigt bei einer Person seines Vertrauens. „Im Alltag ist dies aber mitunter schwierig, da beispielsweise Passwörter regelmäßig gewechselt werden sollten und das Testament entsprechend angepasst werden müsste.“